Eine möglichst schnelle Verbindung
30 31 auskam und von der Lokomotive eines Schnellzuges er- fasst und über den Bahndamm hinunter geschleudert wurde. 5 Ferner schreibt der Amper-Bote sogar von einer „Selbstmörderstrecke“, nachdem erst ein Liebespaar und kurz darauf ein junger Mann auf dem Streckenab- schnitt bei Etzenhausen Selbstmord begangen hatten. 6 Nächster Halt: „Etzenhausen“? In einem Schreiben vom 25. Oktober 1928 erbat das Be- zirksamt Dachau die Eisenbahndirektion München um eine „wohlwollende Prüfung“ zur Errichtung einer Halte- stelle in Etzenhausen. „Bei der letzten Sitzung des Bezirk- stages Dachau am 16. Oktober 1928 wurde das Bezirk- samt ersucht, die von den Bewohnern der Gemeinde Etzenhausen und Umgebung angestrebte Errichtung ei- nes Haltepunktes in Etzenhausen bei Posten 9 für die Nahpersonenzüge zu unterstützen.“ Begründet wurde die Notwendigkeit einer Haltestelle damit, dass das Sied- lungsgebiet Etzenhausen bereits 1.500 Einwohner um- fasse, von denen ein großer Teil in München und Allach beschäftigt wäre. Deshalb „könnte mit einer sehr erhebli- chen Frequenz des angestrebten Haltepunktes gerechnet werden.“ Außerdem sei mit einer „beträchtlichen Steige- rung der Bevölkerungszahl“ aufgrund „der in der Gemein- de herrschenden regen Bautätigkeit“ zu rechnen. Im Antwortschreiben der Reichsbahndirektion München vom 16. Januar 1929 wurde dem Bezirksamt Dachau mit- geteilt, dass der Antrag auf Errichtung eines Haltepunktes in Etzenhausen nicht weiterverfolgt werden würde. Es „ste- hen vor allem betriebsdienstliche Bedenken“ dem Vorha- ben entgegen. „Jede Vermehrung der Haltepunkte auf der stark belegten Strecke München-Röhrmoos erschwert die Aufstellung und die Durchführung des Fahrplans […].“ Da- rüber hinaus „genügt das Verkehrsaufkommen auch im Be- harrungszustand nicht, um die einmaligen Kosten für die Errichtung des Haltepunktes (mindestens 12.000 RM) und die laufenden Kosten für das Anhalten der Züge und den Fahrkartenverkäufer zu decken.“ 7 Die Gemeinde Etzenhausen wollte sich jedoch damit nicht zufriedengeben. Am 19./20. Mai 1929 berichtete der Amper-Bote von einer Besprechung beim Gastwirt Burgmeier zwischen den beiden Herren vom Verband der Vorortsgemeinden Dr. Kölbl und Oberinspektor Hof- mann aus München, den beiden Bürgermeistern, dem Bezirksvertreter Rhein sowie einigen Gemeinderäten. Dabei erhielten die Etzenhausener Volksvertreter „Richt- linien und Anweisungen für die künftigen Bemühungen zur Erreichung des Zieles, eine Bahnstation zu erhal- ten“. 8 Zu diesem Zweck wurde auch von Ottmar Oefner am 18. September 1929 ein Übersichtsplan angefertigt. Alle Anstrengungen für eine eigene Bahnstation in Et- zenhausen waren jedoch vergebens, was die nachfol- gende Anekdote veranschaulicht. Erzwungener Halt Der Zimmerei- und Sägewerksbesitzer Anton Mayer (1837-1899) erkannte schon sehr viel früher die Notwen- digkeit einer eigenen Haltestelle für Etzenhausen. Es wird berichtet, dass er bei einer Heimfahrt aus München nicht am Dachauer Bahnhof ausstieg, sondern auf Höhe Etzen- hausen die Notbremse zog und den Zug auf diese Weise verließ. Somit dürfte er wohl der einzige Fahrgast der München-Ingolstädter-Bahn gewesen sein, der in den Genuss der (Not-)Haltestelle Etzenhausen kam! 1 StAM: LRA 131156. 2 BayHStA: Verkehrsarchiv 56343. 3 StAM: DB 626 und DB 645. 4 StAM: LRA 131155. 5 StadtADAH: Amper-Bote vom 30.10.1923. 6 StadtADAH: Amper-Bote vom 18.01.1933 und 31.01.1933. 7 StAM: LRA 131155. 8 StadtADAH: Amper-Bote vom 19./20.05.1929. DER „BAHNHOF“ KARLSFELD von Horst Pajung Beim Bau der Bahnlinie 1867 war noch keine Haltestelle für Karlsfeld vorgesehen. Es gab weit und breit noch kei- ne Besiedelung; lediglich die Distriktstraße von Karlsfeld nach Allach kreuzte die Bahnlinie. Erst als nach dem zweigleisigen Ausbau 1890/91 neben dem Fernverkehr nach Ingolstadt auch der Vorortverkehr zwischen München und Dachau im Jahr 1896 eingeführt wurde, errichtete man einen Haltepunkt Karlsfeld und nahm ihn mit jeweils sechs Abfahrtszeiten in beide Rich- tungen in den Fahrplan auf, vorerst noch als Bedarfshal- testelle. 1 Der Haltepunkt lag am Bahnübergang der Distriktstraße und bestand nur aus einem „Warteunterstand mit einem winzigen Wellblechhäuschen, in dem der Sta- tionsvorsteher Steidl die Fahrkarten verkaufte. Davor befand sich auch die Kurbel zumHerab- lassen der Straßenschranken beim Nahen ei- nes Zuges, denn eben hier überquerte die Di- striktstraße Pasing-Dorf Karlsfeld die Geleise.“ 2 Der Bahnwärter bediente den Haltepunkt von seinem Bahnwärterhaus, einem „klei- nen Ziegelhaus etwa hundert Meter weiter am Bahndamm, dort wo die Würm den Bahndamm unterläuft. Ein Blickfang für die Vorbeifahrenden war sein Gärtchen, wo er Gemüse, Obst und Sonnenblumen züchtet. Dort lebte er mit seiner Familie, wobei oft- mals auch seine Frau den Dienst versah. Die Hände an der Schürze trocknend, kam sie herbeigelaufen, wenn das Signal den Zug meldete. Der wartete dann, bis sie die Karten geknipst hatte.“ 3 Der Bahnhof in Karlsfeld 1935-1938 Mit der Einrichtung der Haltestelle setzte in der Umge- bung eine rege Bautätigkeit ein und es entwickelte sich ein eigener Ortsteil. Angefangen mit dem Schloss des Millionenbauers Lorenz Hauser am Würmkanal 1899, folgte der Bau von fünf stattlichen Jugendstilvillen zwi- schen Würm und Allacher Straße zwischen 1900 und 1905. Im Jahr 1901 baute der Zamdorfer Bauunterneh- mer Sebastian Mayer eine Bahnhofsgaststätte und seine von der Würm gespeiste Badeanstalt, dessen Badegäs- te besonders an Wochenenden zu einem großen Teil mit dem Zug anreisten. Auf der westlichen Bahnseite folgte 1909 das Anwesen von Karl Bieringer, das Otto Gath- mann, der Vater von Edeltraud Klapproth, 1917 erwarb. Um 1920 ließen sich dann an der heutigen Südenstraße die Familien Kurz, Bogner und Flingelli nieder. Einen wei- teren Schub bekam die Besiedelung im Umfeld des Halte- punktes mit der Ansiedlung der Bayernwerk AG, die 1923 eröffnete. Sie brachte eine Vielzahl von Angestellten mit,
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