Eine möglichst schnelle Verbindung
22 23 ine trostlose Ebene und erhabene Melancholie – Die Bahnstrecke durchs Dachauer Moos von Horst Pajung E Der Streckenabschnitt durch das Dachauer Moos der neu gebauten Eisenbahnlinie München-Ingolstadt führte von Allach kommend auf einer Länge von 3,2 km über Augustenfelder (heute Karlsfelder) und auf 1,6 km über Dachauer Fluren zur Bahnstation Dachau. Sie durch- querte das damals noch nahezu unpassierbare, land- wirtschaftlich ungenutzte und unbewohnte Obere Dachauer Moos. Erst kurz vor der Station Dachau tauch- ten die kleinen Häuser der Mooskolonie Oberaugusten- feld auf. Ein Journalist äußert sich bei der Jungfernfahrt kritisch über die Fahrt durchs Moos: „Die Fahrt selbst durch eine trostlose Ebene bietet nichts dar als die erha- bene Melancholie und Langweile einer Moorgegend. Eine einzige Ausnahme macht nur Dachau, dessen lieb- liche Lage es wohl zu einem beliebten Sommerausflug der Münchner machen wird.“ 1 Da es bei der Eröffnung der Linie 1867 noch keine Hal- testelle Karlsfeld gab, kann man ziemlich sicher sein, dass sowohl der Bau als auch der Betrieb der Bahnlinie von den Karlsfeldern zunächst kaum wahrgenommen wurde. Im Jahr 1867 hatte die Mooskolonie Karlsfeld mit Rothschwaige nur 88 Einwohner, die Zahl der Gebäude betrug 19. Die Anwesen standen ausnahmslos an der Staatsstraße von München nach Dachau und waren da- mit mehr als 2 km von der Bahn entfernt. 2 Lediglich die Bauern, die Grundstücke auf der geplanten Trasse besaßen und Land an die Königlich Bayerische Staatseisenbahn abtreten mussten, waren mit dem Pro- jekt konfrontiert. Sie wurden 1865 über die Bedingungen informiert; die Beurkundungen fanden Anfang 1866 statt. 3 Auf die Ortsentwicklung Karlsfelds hatte die Bahnlinie bis in die Gegenwart gravierende Auswirkungen. Das westliche Gemeindegebiet, die heutige Waldschwaige, entwickelte sich durch die trennende Wirkung der Bahn- trasse weitgehend unabhängig vom Dorf Karlsfeld. Die Bewohner des Mooses waren beim Schulbesuch, bei der Zugehörigkeit zum Kirchensprengel und sogar bei der Wahl des Friedhofes weitgehend nach Dachau, Grö- benried oder Eschenried orientiert. Auch die Gemeinde- politik hatte beim Aufbau der Infrastruktur das Ortsgebiet westlich der Bahn selten im Fokus. So wurde die erste Straße erst 1976 geteert und die Wasserleitung erst 1994 gelegt. Auch eine befriedigende Verkehrsverbin- dung für das neue Siedlungsgebiet Karlsfeld West hinter dem Bahnhof und den Ortsteil Waldschwaige wurde erst 2006 fertiggestellt. 4 Streckenbau Der Bau wurde 1866/67 durchgeführt. Die Schwierigkei- ten beim Bau der Strecke dürften sich in erster Linie durch die Unwegsamkeit des Moosgebietes ergeben ha- ben. So durchquerte die Bahntrasse zum einen den Grundwasserstrom im nördlichen Langwieder Moos und zum anderen die Bachsysteme der Würm und des Re- schenbaches. Die günstigen geologischen Bedingungen auf der Münchner Schotterebene ermöglichten die Kies- gewinnung für den Bau des Bahnkörpers unmittelbar ne- ben der Trasse. Die dadurch entstandenen Kiesgruben wurden später mit allerlei Schrott und Abfällen verfüllt. Die Streckenführung erfolgte anfangs nur mit einem Gleis. Lediglich die Brückenbauwerke und die Straßen- übergänge waren schon für den zweigleisigen Ausbau vorbereitet. 5 Dieser wurde dann 1890/91 im Rahmen der Einführung des Vorortverkehrs realisiert. Bachdurchführungen Die damals noch stark mäandernde Würm wurde auf Höhe des heutigen Bahnhofs Karlsfeld begradigt und derart verlegt, dass die Bahnlinie rechtwinklig gequert Bahnwärterhaus in der Rothschwaige auf halber Strecke zwischen Karlsfeld und Dachau
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