Eine möglichst schnelle Verbindung
16 17 Man musste auf den zunächst fast ausschließlich einglei- sigen Strecken dafür sorgen, dass sich keine Züge begeg- nen, aber auch kein ankommender Zug auf einen halten- den auffahren konnte. Es mussten also Systeme erfunden werden, mit denen man den Zugführern Signale bezüglich der vor ihnen liegenden Situation geben konnte, die aus dem vorbeifahrenden Zug eindeutig zu erkennen und zu deuten waren. Und nicht nur die Zugführer mussten ver- ständigt werden, sondern auch die Bahnwärter der nächs- ten Gleisabschnitte und der nächste Bahnhof. Zur Information der Zugführer versuchte man es zu- nächst mit Flaggen und Kugeln, die an Masten neben den Gleisen gehisst wurden. 18 Später führte man Flügel- signale nach englischem Vorbild ein, wie sie auch heute noch verwendet werden. Diese Signale mussten mit Seilzügen bedient werden. 19 Für die Information der anderen Bahnhöfe und Bahnwär- ter benutzte man zunächst akustische Signale, wie sie heute noch bei Gleisbauarbeiten zur Warnung verwen- det werden. Da solche Signale aber oft nicht weit genug gehört oder gedeutet werden konnten, ging man zu elek- tromagnetischen Läutapparaten über, die den nahenden Zug ankündigten. Bis Ende 1867 waren an der Strecke München-Ingolstadt 73 derartige Läutwerke installiert 20 , d.h. praktisch eins pro Kilometer. Die Bahnwärter waren zusätzlich durch Morse-Telegraphen verbunden. 21 Schranken Es ist noch nicht so lange her, dass es an der Strecke München-Ingolstadt beschrankte Bahnübergänge gab, allerdings ferngesteuert. 1867 wurden sie alle von Hand von einem Bahnwärter bedient, der neben der queren- den Straße ein kleines Häuschen bewohnte. Wenn es läutete, wusste er, dass in wenigen Minuten ein Zug kommen würde. Er ging hinaus und ließ die Schranken herunter. 82 solcher „Barrieren“ gab es 1867 an der Stre- cke München-Ingolstadt. Und 74 Bahnwärterhäuschen. 22 Lokomotiven Die ersten bayerischen Lokomotiven kamen noch aus Eng- land. 1841 baute Joseph Anton von Maffei die erste bayeri- sche Lokomotive, freilich mit Hilfe von englischen Ingenieu- ren, die er dem Pionier Stephenson abgeworben hatte. 23 Kurioserweise baute er jahrzehntelang seine Lokomotiven in der Hirschau in München, nördlich des Englischen Gartens. Bis 1901 mussten über 2000 von ihnen auf Spezialfuhrwer- ken durch München bis zur Zentralwerkstätte der Eisenbahn hinter der Donnersberger Brücke gefahren werden. 24 Sein Konkurrent Georg Krauss baute seine Fabrik gleich in der Nähe der Gleisanlagen, nämlich auf dem soge- nannten „Marsfeld“ an der Maillinger Straße 25 1867 und in den folgenden Jahren verkehrten auf der München- Ingolstadt-Linie vermutlich Maffei-Lokomotiven der Bau- art B VI mit zwei gekuppelten Antriebsrädern. 26 Wagen Für die Produktion von Eisenbahnwagen der verschie- densten Art qualifizierten sich im Lauf der Jahre dauer- haft nur drei Firmen: Die Firma Klett in Nürnberg, aus der die MAN hervorging, die Firma Noell in Würzburg und die Firma Joseph Rathgeber in München. 27 Die Lokomotiven wurden mithilfe von Dampfmaschinen angetrieben, die mit Kohle befeuert wurden. An 15 schwenkbaren Wasserrohren bestand die Möglichkeit die Kessel aufzufüllen. An 5 Torf- und Kohlenremisen konnte der Heizer seine Brennstoffvorräte ergänzen. Außerdem gab es noch zwei kombinierte Kohlen- und Wasserhäuser an der Strecke München-Ingolstadt. 28 Das Personal Der Betriebs- und der Verwaltungsdienst der Bahn ver- langte viel Personal, denn sehr viele Arbeiten mussten manuell erledigt werden. Die Aussicht auf einen festen Posten beim Staat zog jedoch häufig mehr Menschen an, als Stellen zu vergeben waren. Der stark durchregle- mentierte und zeitgebundene Dienst erwies sich für manchen früheren Handwerker dann auch wieder als sehr belastend. 29 An unserer Strecke waren in den 8 Bahnhöfen inklusive Dachau sicher immer 8 - 10 Leute tätig, als Schrankenwärter ca. 50, als sonstige Bahnwär- ter sicher nochmals 30; zusammen also schätzungswei- se 150. 30 Genaue Zahlen sind mir nicht bekannt. In den Zügen fuhren Heizer und Bremser mit, sicher je 2 pro Zug. Die Eisenbahn war also ein personalintensiver Betrieb. Arbeitsschutz Der Dienst auf der Lokomotive, beim Beladen und Ran- gieren und an der offenen Strecke fand vielfach unge- schützt bei Wind und Wetter statt. Unfälle und Krankhei- ten blieben nicht aus. So wurde bereits 1877 für die Be- schäftigten ein bahnärztlicher Dienst eingerichtet. Der Ar- beitsschutz wurde bei der Bahn ein wichtiges Thema und später auch der Bau von Wohnungen. 31 TRANSPORTWESEN Güterverkehr Die Statistik unterschied nach Reisegepäck, Fahrzeugen, Tieren und Gütern. 32 Im ganzen Jahr 1868 wurden 5 Fahr- zeuge transportiert, wahrscheinlich Kutschen wohlha- bender Herrschaften; 35 Pferde, die meisten (28) wohl Militärpferde; 266 Ochsen und Stiere, 299 Kühe und Rinder, 267 Kälber, 143 Schafe, 775 Schweine (74 % davon aus Petershausen, wo es noch in unserer Zeit Schweine- mastbetriebe gab) 33 und 844 (!) Hunde. Die Güterverkehrsstatistik für 1868 lässt deutlich die wirtschaftlichen Schwerpunkte erkennen. Die größte Ak- tivität herrscht in Ingolstadt, von wo 29.068 t Güter ver- sandt, wo aber 65.253 t abgeladen wurden, wahrschein- lich vor allem Baumaterial für die Vervollständigung der Stationsvorsteher mit Familie aus Esterhofen
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