Kreis.BLICK!

Geothermie für das Amperland Saubere Wärme aus der Tiefe Wenn von Claims die Rede ist, denken die meisten an den Wilden Westen und die Goldsuche. Aktuell wird aber nicht Gold, sondern warmes Wasser in der Tiefe gesucht und die Claims dafür vergeben. Das Gemeinsame Kommunalunternehmen für Abfallwirtschaft (GfA) war schon erfolgreich. Es sicherte sich das 51.000 qm große Aufsuchungsfeld (Claim) „Geiselbullach“. Dort soll künftig umweltfreundliche Wärme aus der Tiefe über die Fernwärmeversorgung für kuschelig warme Wohnungen in Bergkirchen und Olching sorgen. Dies hat viele Vorteile: Geothermie macht die Energieversorgung unabhängiger von (fossilen) Brennstoffen und von Energieimporten. Sie ist umweltfreundlich, da emissionsarm, zuverlässig, nachhaltig und langfristig kostenstabil. Seit der Änderung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes dürfen Landkreise eigene Anlagen für erneuerbare Energien betreiben. Dr. Thomas König, Vorstand der GfA, ergriff gleich die Initiative und schlug den beiden Trägern – den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck – einen Einstieg in die Geothermie vor. Entscheidender Vorteil im Vergleich zu vielen anderen ähnlichen Vorhaben: Das Fernwärmenetz ist schon da. „Das bringt uns schnell und kosteneffizient ans Ziel“, erläuterte Dr. König. Dieser Aspekt, die regionale Versorgungssicherheit und die zahlreichen anderen Pluspunkte haben die Kreisgremien der beiden Landkreise überzeugt und sie stimmten dem Projekt zu. Sorgfältige Vorbereitungen Seit der Gründung der Amperland Thermalwärme GmbH – eine 100 %-ige Tochter der GfA – im August 2024 hat sich viel getan. Das Erkundungsgebiet (der sogenannte Claim) ist gesichert, und es wurden viele Daten zu geologischen Strukturen und zur Seismik gesammelt sowie ausgewertet. Auch Erkenntnisse aus anderen Bohrungen in der Region sind in die Planung eingeflossen. Auf dieser Basis konnten die optimalen Bohrverläufe ermittelt werden – dort, wo das Gestein möglichst wenig unter Spannung steht und genügend Wasser vorhanden ist. Die anschließende Machbarkeitsstudie kam zu einem positiven Ergebnis: Es werden rund 100 l Wasser pro Sekunde mit einer Temperatur von etwa 73 °C erwartet. Damit konnte die nächste Projektphase starten. Inzwischen sind erforderliche Anträge bei der zuständigen Regierung von Oberbayern – Bergamt Südbayern eingereicht worden, einige davon sind bereits genehmigt. Sicherer Start in den Bohrbetrieb Ab August 2025 wird das Bohrgelände auf dem GfA-Areal vorbereitet – selbstverständlich komplett abgedichtet, um Grund- und Trinkwasser zu schützen. Im November folgt der Aufbau des temporären Bohrturms, etwa 45 m hoch. Die erste Bohrung soll im Dezember 2025 starten, im besten Fall am 4. Dezember – dem Tag der heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute. Gebohrt wird in 2 Richtungen (siehe Landkarte), so dass ein Kreislaufsystem entsteht, das nachhaltig und stabil Wärme liefert. Hightech unter der Erde Bei beiden Bohrungen geht es zunächst 800 m senkrecht in die Tiefe, danach wird geneigt gebohrt, um die wasserführenden Gesteinsschichten optimal zu erreichen. Die Bohrrohre werden mit zunehmender Tiefe schmaler – und sicher ineinandergeschoben und zementiert, um ein absolut dichtes Kreislaufsystem zu garantieren. Wenn die Zieltiefe in der jeweiligen Bohrung erreicht ist, folgen Reinigungsarbeiten und ein circa 3-wöchiger Testlauf. Dann kann es sein, dass in der Nähe ein leichter Geruch von Schwefel auftritt – völlig harmlos und nur vorübergehend. Test bestanden – dann wird’s warm Wenn die Tests zeigen, dass Wassermenge und -temperatur stimmen, werden der Bohrturm und der Bohrplatz abgebaut und auf dem bereits versiegelten Gelände eine Wärmezentrale errichtet. Dann kann es losgehen mit der Nutzung des warmen Tiefenwassers. In der Wärmezentrale wird die Wärme aus dem heißen Tiefenwasser über viele dünne Metallplatten (Wärmetauscher) auf das Wasser des Fernwärmenetzes übertragen – ohne dass sich die beiden Wasserkreisläufe vermischen. Das abgekühlte Tiefenwasser fließt anschließend über die zweite Bohrung wieder zurück in den Untergrund. So werden weder Tiefenwasser noch darin enthaltene Gase freigesetzt. Rundum sicher – für Menschen und Umwelt Zentrales Thema bei der Planung und beim Betrieb einer sicheren Geothermie-Anlage ist es, Erderschütterungen zu vermeiden. „Die zahlreichen Untersuchungen vorab ergaben, dass in dem Bohrgebiet sowohl natürliche als auch menschengemachte Erdbeben sehr unwahrscheinlich sind. Dies bestätigen auch die Erfahrungen in 25 anderen Geothermie-Projekten in der gleichen Gesteinsschicht“, erklärt der Geologe Wolfgang Alt, der die Amperland GmbH berät und unterstützt. Dennoch werden die Erschütterungen während der Bohrungen, der Tests und dann im Betrieb rund um die Uhr überwacht, ebenso wie Druck, Temperatur sowie die chemischen Eigenschaften des Tiefenwassers. Auch beim Umweltschutz setzt das Projekt hohe Maßstäbe: z Kein Flächenverbrauch: Der Bohrplatz und die Wärmezentrale entstehen auf dem bestehenden GfA-Gelände, in die Natur wird nicht eingegriffen. Plan der Bohrungen Aus der Tiefe kommt die Wärme: Eine Förderbohrung (rot) holt das heiße Wasser an die Oberfläche, eine Injektionsbohrung (blau) leitet das abgekühlte Wasser wieder zurück in den Untergrund. Rund 1.500 m Abstand sorgen dafür, dass sich das Wasser in der Tiefe erneut aufheizen kann und der Druck in diesem Bereich aufrechterhalten wird. XW XW ") ") GT2 GT1 675000 675000 676000 676000 677000 677000 5344000 5344000 5345000 5345000 5346000 5346000 ± 0 125 250 500 750 1.000 Meter Le G Ti Üb Geob Lage Ma Pro Da Be Ü Pro Ti B Inde C A Sc Te EFeldgeding zSchutz des Grund- bzw. Trinkwassers: y Gebohrt wird nicht direkt im Erdreich, sondern in Standrohren. y Anfallende Testwässer werden in extra eingerichteten Testbecken gesammelt und dann in die benachbarte Kläranlage eingespeist. y Im Betrieb wird das Wasser aus der Tiefe wieder dorthin zurückgeleitet. Das überzeugt auch den Bund Naturschutz im Landkreis Dachau, der das Vorhaben ausdrücklich unterstützt. Dr. Thomas König bringt es auf den Punkt: „Geothermie ist eine extrem saubere Sache und der gesamte Prozess ist für die Bevölkerung und für die Umwelt völlig ungefährlich. Man sieht nichts, man hört nichts und wir versorgen die Bevölkerung kostengünstig mit umweltfreundlicher Energie.“ Temporärer Bohrturm Wärmezentrale August Machbarkeitsstudie fällt positiv aus. 3. Quartal Vorbereitung des Bohrplatzes. 2. Quartal Zweite Bohrung beginnt. Inbetriebnahme und Start der Wärmeversorgung. Mai Claim-Gebiet „Geisel- bullach“ wird gesichert. November Projekt erhält eine Bundes- förderung von 40 %. 4. Quartal Erste Bohrung startet. Jahreswechsel Ausführliche Tests und Bau der Wärmezentrale. 2023 Meilensteine 2024 2025 2026 2027 2028 15 14 Kreis.BLICK! — Juni 2025 Klima/Nachhaltigkeit

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