Gut 900 Asylsuchende und Geflüchtete wurden dem Landratsamt Dachau seit Oktober 2022 von der Regierung von Oberbayern zur Unterbringung und Versorgung zugeteilt. Aktuell muss das Landratsamt etwa alle 2 Wochen für 50 Neuankömmlinge weitere Unterkünfte bereitstellen. Die Betreuung und Integration, vor allem der Spracherwerb sowie die Suche nach einem Arbeitsplatz und einer Wohnung, müssen dann lokal die Gemeinden schultern. Welche Mammutaufgabe die Integration von so vielen Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern ist, wurde bereits Anfang März beim Bürgerdialog „Migration und Integration. Chancen und Herausforderungen für uns im Landkreis Dachau“ sehr deutlich. Knackpunkt ist bei uns im Landkreis vor allem das Thema Wohnen. „Das A und O der Integration ist das Wohnen. Das muss man deutlich von der Unterbringung unterscheiden. Denn in einer Turnhalle gibt es keine Privatsphäre. Containeranlagen stehen meist abseits der Wohngebiete. So haben die Bewohner wenig Kontakt mit der heimischen Bevölkerung und brauchen daher lange Unterstützung“, schilderte Dr. Stephan Dünnwald, Mitarbeiter der Geschäftsstelle München des Bayerischen Flüchtlingsrats, seine jahrelangen Erfahrungen. Unterkünfte für Geflüchtete Kurzfristig können leider nicht für alle Neuankommende „richtige“ Wohnungen bereitgestellt werden. Das Landratsamt hat als Verantwortlicher für die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen schon zu kämpfen, für die regelmäßig neu zugewiesenen Menschen überhaupt ein Dach über dem Kopf zur Verfügung zu stellen. Derzeit wohnen knapp 1.700 Menschen in insgesamt 43 Unterkünften. Im Landratsamt kümmert sich Alexander Feig zusammen mit 3 weiteren Mitarbeitern um die Aufstellung oder Anmietung sowie AusJeder kann helfen, dass Zuwanderung für uns alle zum Gewinn wird Migration und Integration im Landkreis Dachau stattung neuer Anlagen. Über 300 neue Plätze organisierten sie in diesem Jahr bereits, in nächster Zeit werden 350 weitere folgen. Doch damit nicht genug, denn es kommen ständig weitere Menschen, die vorübergehend eine Unterkunft brauchen. Von daher sind Alexander Feig und sein Team täglich im Wettlauf gegen die Zeit, denn die Belegung weiterer Turnhallen soll unbedingt vermieden werden. „Für die Mitarbeiter ist das eine enorme Belastung. Man schwitzt manchmal Blut und Wasser, wenn sich ein Containerbauer mit Problemen meldet“, gibt Feig einen Einblick in den Arbeitsalltag. Der immense Anstieg bei den Aufgaben spiegelt sich aber leider nicht in der Personalausstattung wider, weder bei den Organisatoren von Unterkünften noch bei den Kümmerern, also den Mitarbeitern, die dafür sorgen, dass alles klappt, wenn die Unterkünfte bewohnt sind. 19 Kümmerer betreuen derzeit die 43 staatlichen Unterkünfte im Landkreis, Tendenz weiter steigend. Vermieten sichert die Infrastruktur im Landkreis Das Problem der Unterbringung wäre etwas entspannter, wenn in den Unterkünften nicht über 400 Personen wohnen würden, deren Aufenthaltsrecht in Deutschland anerkannt ist und die damit in einer eigenen Wohnung wohnen dürften bzw. eigentlich sogar müssten. Damit dies im angespannten Wohnungsmarkt zumindest mittelfristig möglich ist, hat sich der Landkreis an der Studie „WohL – Wohnungsleerstand wandeln!“ der Technischen Universität München beteiligt. Dabei geht es um die Frage: Warum stehen nach Angaben des Statistischen Landesamts etwa 1.800 Häuser und Wohnungen im Landkreis Dachau leer? Studienleiterin Frau Professor Elisabeth Wacker gibt erste Beispiele aus den Studienergebnissen: „Vor Jahrzehnten wurden viele Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnungen gebaut. Heute wohnt dort oft nur noch eine Person. In Gesprächen mit Eigentümern haben wir nicht gehört, dass sie am liebsten allein leben, aber oft von Zurückhaltung gegenüber einer Vermietung. Auch wenn es selten eigene schwierige Erfahrungen damit gibt, sorgt man sich zum Beispiel um Mietnomaden. Vermutlich wird mehr über Befürchtungen als über gute Beispiele gesprochen. Aber wir kennen auch erfreuliche Erfahrungen mit einem neuen Miteinander. Ohnehin brauchen wir beim Zusammenwohnen dringend ein Umdenken. Wenn Menschen mit geringeren Einkommen keine Wohnung finden, wird es bald auch keine Arzthelfer, Erzieher, Pflegekräfte, Friseure, Verkäufer usw. mehr geben. Dann ist aber das persönliche Wohlbefinden von allen gefährdet!“ Gemeinsam nach Lösungen suchen An diese Erkenntnisse schließt das Programm „Land.Zuhause.Zukunft – Gestaltung von migrationsbedingter Vielfalt in ländlichen Räumen“ der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der Universität Hildesheim an. Der 1. Workshop im Juni war ein gelungener Start. Daran beteiligten sich Vertreter von Vermietern, Beratungsstellen, Asylbewerbern, verschiedenen Sachgebieten im Landratsamt, der Kommunen sowie der Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis Dachau. Jede Gruppe formulierte ihre Probleme und konnte die anderen Sichtweisen kennenlernen. Auch wurde gemeinsam ganz offen über mögliche Lösungen nachgedacht. Bei den nächsten Treffen werden die vielversprechendsten Ansätze weiter diskutiert. Der Integrationsbeauftragte Julius Fogelstaller, Hauptverantwortlicher im Landratsamt für das Projekt, ist zuversichtlich: „Indem alle an einem Tisch sitzen, können ganz neue Ideen entstehen.“ Integration braucht viele helfende Hände Neben dem Wohnen gibt es noch viele andere Herausforderungen durch die kontinuierliche Zuweisung von Geflüchteten. Es braucht Sprach- und Integrationskurse, Betreuungsplätze in Kita und Schule, Arbeitsplätze und vieles mehr. Für diese Bereiche der Integration sind primär die Gemeinden bzw. örtlichen Akteure zuständig. Beratung und Hilfe für geflüchtete und auch für alle neuankommenden Menschen mit Migrationshintergrund bieten die Sozialverbände wie beispielsweise die Caritas. Sie erhalten dafür eine finanzielle Förderung vom Bund oder Freistaat Bayern sowie vom Landkreis Dachau. Auch das Landratsamt unterstützt die Gemeinden mit mehreren hauptamtlichen Stellen. So engagiert sich beispielsweise Julius Fogelstaller als Integrationsbeauftragter allgemein für die Integration im Landkreis. Der Integrationslotse Admir Kraja ist Ansprechpartner für alle freiwillig Engagierten aus dem Bereich Migration, Asyl und Integration. Ehrenamtliche gesucht Aber ohne das ehrenamtliche Engagement der Helferkreise wäre die Situation nicht zu schaffen. „Mit 15 Helferkreisen ist unser Landkreis sehr gut organisiert. Derzeit engagieren sich in diesen circa 160 Ehrenamtliche. „Wir würden uns sehr über neue Mitmacher freuen. Es wäre schön, wenn Geflüchtete, die neu bei uns im Landkreis ankommen, wieder persönlich begrüßt und angesprochen werden. Auch brauchen wir Menschen, die mit Formularen helfen und den Alltag in Deutschland erklären, zum Beispiel wie Mülltrennung, der ÖPNV usw. funktionieren. Auch Freizeitangebote sind sehr willkommen in den Unterkünften“, informiert Dr. Joachim Jacob, Sprecher der Helferkreise im Landkreis Dachau. Integrationslotse Admir Kraja erklärt die ehrenamtlichen Unterstützungsmöglichkeiten näher: „Man braucht nicht immer einen langen Atem, auch ein kurzfristiges Engagement ist möglich und sehr hilfreich. Jemand kann zum Beispiel nur einzelne Aufgabe übernehmen.“ Wer sich etwas länger engagieren möchte, kann beispielsweise einen jungen Menschen während der Ausbildung begleiten oder einfach Zeit mit jemandem verbringen und „Plauderpate“ werden. Außer der Vermittlung der ehrenamtlichen Hilfe möchte der Integrationslotse vor allem die Helferkreise entlasten. Er organisiert Fortbildungen für sie und vermittelt Ansprechpartner im Landratsamt, aber auch in allen anderen Bereichen. Gemeinsam haben es im Landkreis Dachau das Landratsamt, die Gemeindeverwaltungen, die Sozialverbände und die ehrenamtlichen Helfer bisher geschafft, die große Anzahl zugewiesener geflüchteter Menschen aufzunehmen und zu versorgen. Man merkt aber an viele Stellen, dass es immer enger wird. Im Nachgang zum Flüchtlingsgipfel von Bundesinnenministerin Nancy Faeser engagierte sich Landrat Stefan Löwl deshalb in den dort beschlossenen Arbeitsgruppen. Mitte Juni besuchte Bernd Krösser, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern und für Heimat, den Landkreis Dachau. Landrat Stefan Löwl sieht diesen Termin als Lichtblick: „Der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium konnte sich selbst von den vielfältigen Herausforderungen vor Ort überzeugen und damit gut nachvollziehen, warum die Kommunalverwaltungen und auch die Sozialverbände mehr Personal brauchen. Hier müssen sich die Rahmenbedingungen dringend ändern.“ Im Landkreis Dachau arbeiten überproportional viele Menschen mit Migrationshintergrund. Das stärkt unsere Wirtschaft und Infrastruktur vor Ort. Anthony Ehizibue (31) ist einer davon. Er hat bei der Ihle Bäckerei in Odelzhausen eine Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe absolviert und arbeitet seit dem Abschluss auch dort. Der Helferkreis Odelzhausen freut sich sehr mit dem jungen Mann aus Nigeria über seinen Erfolg, denn Evi und Rosi unterstützten ihn während dieser Zeit intensiv. Sie haben mit ihm für die Berufsschule gelernt, Kontakt zur Schule und zum Betrieb gehalten, ihn zu Terminen gefahren und mit Ämtern und schriftlichen Angelegenheiten geholfen. „Das Strahlen in den Augen und das herzliche Dankeschön nach der Ausbildung haben mir das Gefühl gegeben, wirklich etwas Sinnvolles getan zu haben“, erzählt Evi noch immer ganz gerührt. Jetzt fehlen Anthony noch 2 Dinge zum vollkommenen Glück: die Sicherheit, dauerhaft in Deutschland bleiben und arbeiten zu dürfen, und eine eigene Wohnung für sich und seine Familie. Zukunft geben durch Vermietung Sie haben eine Wohnung oder ein Haus, die oder das derzeit leer steht? Geben Sie Menschen eine Zukunft im eigenen Zuhause! Das Caritas-Zentrum Dachau sucht für seine Einrichtung „job international“ Mietobjekte für Menschen mit Migrationshintergrund. Vermieter werden dabei vielfältig unterstützt: Sie erhalten Mietervorschläge passend zu den eigenen Vorstellungen. Auf Wunsch ist „job international“ bei der Wohnungsbesichtigung mit dabei und unterstützt vor sowie nach Vertragsschluss Vermieter und Mieter bei allen Fragen rund um die Vermietung. Außerdem ermöglicht es die Caritas Dachau mit diesem Angebot, Menschen, die eine Wohnung mieten möchten, einen Mietführerschein zu machen. Dabei wird zum Beispiel über die Mülltrennung sowie richtiges Lüften informiert. Melden Sie Ihr Mietangebot bitte an: Job-International@caritasmuenchen.org (08131) 298-1620, -1622 Integration braucht Sie! Integration hat so viele Aspekte – etwas aus dem Alltag in Deutschland erklären, beim Lernen der Sprache oder bei der Ausbildung unterstützen, Freizeit miteinander verbringen, Formulare ausfüllen usw. Und darum brauchen wir im Landkreis auch so viele Engagierte in den Helferkreisen, für die IMA oder bestimmte Projekte. Unser Integrationslotse kennt alle Angebote und findet bestimmt das richtige Engagement für Sie. Egal, wie viel Zeit Sie haben oder was Sie am meisten interessiert oder Ihnen Spaß macht. Melden Sie sich beim Integrationslotsen Admir Kraja: admir.kraja@lra-dah.bayern.de (08131) 74-307 7 6 Kreis.BLICK! — Juli 2023 Im Blick!punkt
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