Kreis.BLICK!

© Geobasisdaten: Bayerische Vermessungsverwaltung 2022; © Geofahdaten: Landratsamt Dachau 2022 Gebietsreform, das Wort klingt so nüchtern, so unspektakulär. Doch der Weg dorthin vor 50 Jahren war alles andere als dies: voller Emotionen, voller Überzeugungsarbeit und manchmal auch mit vielem Hin und Her. „Nie kämpft es sich schlecht um Wahrheit, Heimat und Recht. Tanderner Bürger im Streit um die verlorene Selbständigkeit“ – dieser Text eines Protestschilds veranschaulicht gut, wie sehr sich die Mitglieder des Tanderner Bürgervereins gegen die Zwangsehe mit Hilgertshausen wehrten. Da stellt sich die Frage: Warum brauchte es denn unbedingt in den 1970er Jahren eine Gebietsreform? Ende der 1960er Jahre war in Bayern der Unterschied zwischen Stadt und Land sehr groß. Im ländlichen Raum gab es überwiegend kleinere Gemeinden, über ein Viertel hatte höchstens 300 Einwohner:innen. Egal wie groß, jede Gemeinde hatte ein eigenes Rathaus und musste sich selbstständig um die Infrastruktur wie Wasser- und Abwasserversorgung, Schulen und Verkehr und die Finanzierung ihrer Aufgaben kümmern. Durch die Zusammenlegung von 2 bis zu 8 Gemeinden wurden die Kommunen leistungsfähiger und überall hauptamtliche Verwaltungen eingerichtet. Insgesamt konnte durch die Gebietsreform auch der ländliche Raum gestärkt werden. Landkreis Dachau gehörte zu den Gewinnern Bei der Landkreisreform gehörten wir zu den Gewinnern. Dem Landkreis Dachau wurden insgesamt 17 Gemeinden von den Nachbarlandkreisen, vor allem aus Aichach und Jemanden unterstützen und Halt geben, gemeinsam ein Projekt umsetzen und sich über das Ergebnis freuen, zusammen singen oder Sport machen – das sind nur ein paar wenige Beispiele, wie bei uns im Landkreis Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ganz nebenbei integriert werden. Dieses Engagement will der Asyl- und Integrationsbeirat fördern. Dafür verleiht er jährlich den Integrationspreis in Höhe von 500 €. Der Landkreis Dachau ist noch multikultureller als Berlin. Fast 18 % der Bürgerinnen und Bürger hatten im letzten Jahr einen ausländischen Pass. Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine flohen in diesem Jahr viele Menschen zu uns. Sie sowie auch alle anderen Geflüchteten sollen hier nicht nur Schutz oder Arbeit, sondern auch ein Zuhause finden und integriert sein. Dazu können viele etwas beitragen und tun es auch, wie wir in persönlichen Gesprächen, Treffen und über alle Medienkanäle erfahren. 500 € für das Gewinnerprojekt Ahmad Navid, der Sprecher des Asyl- und Integrationsbeirats, ist beeindruckt davon und ermutigt: „Bewerben Sie sich für unseren Integrationspreis. Institutionen, Unternehmen, Vereine, Initiativen, aber auch Einzelpersonen können mitmachen. Der oder die Gewinner:in profitiert gleichzeitig von den 500 € Preisgeld und wird durch die feierliche Verleihung als Vorbild in der Öffentlichkeit präsentiert. Vielleicht wird Ihr Projekt oder Ihre Idee als Beispiel genommen.“ Eingereicht werden können einmalige Aktionen oder regelmäßige Aktivitäten bzw. Arbeitsweisen, die Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte zusammenbringen. „Eigentlich ist es überall möglich, ein gutes Miteinander zu fördern, sogar mit wenig Aufwand“, erklärt die Integrationsbeauftragte des Landkreises Dachau, Aferdita Pfeifer. Sie gibt ein paar Anregungen: Integrationspreis Heimatschaffer gesucht � Schulen, Kindertagesbetreuungen, Horte In allen Bildungseinrichtungen gehört die Integration zum Alltag, denn dort sind immer Kinder aus verschiedenen Ländern. Die Lehrpläne aller Schularten und an den Gymnasien die P-Seminare bieten zusätzlich viele Möglichkeiten, um das Thema erfahrbar zu machen. � Vereine Sport, Musik und Kunst verbinden über Sprachgrenzen hinweg. Aber auch die Bereiche Natur und Garten eignen sich gut für ein Engagement, da die Tätigkeiten in allen Ländern ähnlich sind. Oder warum nicht gemeinsam etwas in Kulturvereinen oder Heimatgruppen unternehmen? Unser Vereinsleben ist so vielfältig, machen Sie es mit neuen Aktiven noch bunter. � Ehrenamtliche, Helferkreise Ihre unentgeltliche Arbeit ist gelebte Integration. Sie unterstützen die neu angekommenen Menschen im Alltag und weit darüber hinaus mit vielen Aktivitäten. Daher ist es nicht verwunderlich, dass bei den ersten beiden Gewinnern des Integrationspreises Ehrenamtliche eine wichtige Rolle gespielt haben. Der Asyl- und Integrationsbeirat ist gespannt auf Ihre Bewerbung! Friedberg zugeteilt und lediglich die Gemeinde Fahrenzhausen musste an den Nachbarlandkreis Freising abgegeben werden. Nachdem die neuen Außengrenzen der Landkreise feststanden, ging es im Inneren weiter mit der Gemeindegebietsreform. Wer kann mit wem? Wer will mit wem? Welche Zusammenlegungen machen Sinn in Hinblick auf die Infrastruktur und Finanzen? – Das sind nur ein paar Fragen, die bei diesen Prozessen eine Rolle spielten. Bei weitem nicht jede Wunschpartnerschaft kam zustande. Pellheim machte den Anfang. Die Gemeinde stellte Ende 1971 als erste den Antrag, in Dachau eingemeindet zu werden, und bereits im November 1972 lud der damalige Dachauer Bürgermeister die neuen Bürger:innen zu einer Willkommensveranstaltung ein. Alles andere als so glatt verlief der Zusammenschluss von Hilgertshausen und Tandern. Seit Jahrhunderten eigenständig mit ehemals eigenem Adelssitz wollten diese beiden Kommunen nicht zusammengelegt werden. Daher wurde auch äußert emotional um jedes Detail gestritten, auch um den Namen. Nach 2 Jahren „Tandern“ wurde die neu gebildete Gemeinde 1980 per Bescheid von der Regierung von Oberbayern in „Hilgertshausen-Tandern“ umbenannt. Dies war ein erster Schritt in Richtung Frieden. Von Kommunalwahl zu Kommunalwahl entspannte sich die Lage weiter, inzwischen ist die Beziehung vergleichbar mit Geschwistern: in der Sache – politisch – vereinigt, aber jeder mit eigener – kultureller – Identität und nach einer Auseinandersetzung geht es gemeinsam weiter. Und auch sonst ist die 50-Jahres-Bilanz von Landrat Stefan Löwl positiv: „Wir sind gemeinsam gewachsen. Viele Menschen zogen in den Landkreis Dachau. Im Vergleich zu 1972 haben wir nun über 60.000 mehr Einwohner:innen. Das Wachstum zeigt sich ebenfalls deutlich an den Gewerbesteuern. Nahmen die Landkreisgemeinden vor 50 Jahren umgerechnet 625.156 € ein, sind es heute 60,933 Mio. €. Eine wichtige Voraussetzung, damit wir die notwendigen Projekte wie neue Schulen oder weitere Angebote, beispielsweise beim ÖPNV, finanzieren können und damit beste Voraussetzungen für unsere Zukunft schaffen. Bei allen Herausforderungen ist es für alle Akteure besser, das Wachstum zu gestalten, als – wie in vielen Teilen Deutschlands – einen Rückgang bei Bevölkerung und Wirtschaftsleistung verwalten zu müssen.“ Wenn Sie sich noch weiter über die Gebietsreform informieren wollen, dann haben wir auf S. 24 zwei Veranstaltungshinweise für Sie. Happy Birthday DAHoam Jahre Gebietsreform DACHAU MARKT INDERSDORF MARKT ALTOMÜNSTER WEISSLING FAHRENZHAUSEN HILGERTSHAUSEN TANDERN WOLLOMOOS SITTENBACH PRAFFENHOFEN A.D. GLONN EBERTS- HAUSEN © Geobasisdaten: Bayerische Vermessungs- verwaltung 2022, Geofachdaten: Landratsamt Dachau 2022 9 8 Kreis.BLICK! — Juli 2022 Integration Bewerbungsbedingungen � Engagement im Landkreis Dachau, um Menschen mit Migrationsgeschichte zu integrieren � Mögliche Bewerber:innen: � Pro Bewerber:in nur eine Bewerbung unter www.landratsamt-dachau.de/integrationsbeirat � Bewerbungen: durch Engagierte selbst oder Vorschlag von Dritten � Bewerbungsende: 30. September 2022 � Unternehmen � Vereine � Projekte � Initiativen � Einzelpersonen Kreispolitik Durch die Gebietsreform vergrößerte sich der Landkreis Dachau um 17 Gemeinden und etwa 140 km2. = Zugewinn = Verlust

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