D A CH A U S O L I D A R I S CH ! . . . M I T ME N S CH E N A U S D E R UK R A I N E Den 24. Februar 2022 werden wir wohl alle nie vergessen: Panzer rollen, Raketen schlagen ein, Schüsse fallen – Russland greift die Ukraine an. Das Leben der Ukrainer:innen wurde von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Getötete Angehörige, ein zerbombtes Zuhause und die Angst vor immer neuen Angriffen veranlassen seitdem Millionen Menschen zur Flucht. Ab Anfang März veränderte sich auch das Leben im Landkreis Dachau und die Arbeit im Landratsamt. Im März und April war nie klar, wann weitere Geflüchtete bei uns ankommen. Die meisten Personen kamen eigenständig oder über private Initiativen in den Landkreis. Die Anzahl stieg sprunghaft an: Am 11. März waren es 347, am 15. März 577, am 15. April 1.454. Die Ankunft und die Versorgung der vielen Menschen innerhalb kürzester Zeit stellten die Verwaltungen im Landkreis ebenso wie Hilfsorganisationen und zahlreiche private Initiativen vor viele Herausforderungen. Aktuell* sind rund 1400 Menschen aus der Ukraine bei uns gemeldet. Damit haben wir den Königsteiner Schlüssel, also die Geflüchtet aus der Ukraine Gemeinsam Unglaubliches geleistet Anzahl an Schutzsuchenden und Geflüchteten, die wir aufgrund unserer Bevölkerungsanzahl und Steuereinnahmen aufnehmen müssen, um mehr als das Doppelte erfüllt. Das ist „vorbildlich“, wie der Bayerische Innenminister, Joachim Herrmann, bei einem Fernsehauftritt über den Landkreis Dachau sagte. Dank der Unterstützung von Hilfsorganisationen, Ehrenamtlichen, Gastfamilien und der Spendenbereitschaft so vieler Bürger:innen und Unternehmen können wir feststellen: Auch sonst haben wir gemeinsam Unglaubliches geleistet. Im Kreis.BLICK! wollen wir Ihnen ein paar Einblicke davon geben: Informationsdrehscheibe für alle Beteiligten Informationen austauschen, schnell die Lage richtig einschätzen und das Richtige tun – diese Vorteile der Koordinierungsgruppe Pandemie waren in der aktuellen Situation wieder gefragt. Daher lud Landrat Stefan Löwl bereits am 11. März 2022 zum ersten Mal zu einem „Runden Tisch Ukraine“ ein. Insgesamt 6 Mal trafen sich inzwischen die über 60 Vertreter:innen der freien Träger, von BRK, Caritas und AWO, sowie der Kirchen, der Polizei, der Arbeitsagentur und vom Jobcenter, der Volkshochschulen sowie des Schulamts und der KiTa-Betreiber und natürlich der zuständigen Fachbereiche des Landratsamts sowie der Gemeinden. Auch zahlreiche Bürgermeister nahmen an den Sitzungen teil. Derzeit sind die größten Herausforderungen der Rechtskreiswechsel zum 1. Juni und Unterkunft. Online alles beinand Wer also ungenutzten Wohnraum hat, kann uns diesen melden unter www.landratsamt-dachau.de/ mietangebot. Alles weitere Wissenswerte und alle digitalen Formulare finden Sie unter www.landratsamt- dachau.de/ukraine. Die Informationen und Online-Services werden laufend aktualisiert, so dass Geflüchtete, Helfer:innen und natürlich alle Bürger:innen im Landkreis immer bestens informiert bleiben. Cornelia Stadler und ihre drei Mitarbeiter:innen sind diejenigen, die dafür sorgen, dass es im Landratsamt insgesamt digital läuft und unsere Homepage immer aktuell ist. Dank ihres fundierten Knowhows war bereits 2 Tage nach Kriegsausbruch alles fertig: z.B. das Online-Formular für die Selbstmeldungen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine (in Deutsch, Englisch, Ukrainisch und Russisch), das Formular für Hilfsangebote aus der Bevölkerung sowie eine Homepage-Seite mit ersten Informationen. Mit diesen Angeboten waren wir führend unter den bayerischen Landkreisen und gaben unsere digitalen Lösungen kollegial an andere Landratsämter weiter. * Stand : 30.06.2022 Formalien möglichst schnell erledigt Schnell und effizient waren wir auch bei den Formalien, die die Geflüchteten erledigen mussten. „Die Bürokratie wurde so schlank wie möglich gemacht“, diese anerkennende Aussage in der ZDF-Fernsehsendung Länderspiegel bringt die Leistung der beiden zuständigen Sachgebiete im Landratsamt, die für die Registrierung und Leistungen zuständig sind, auf den Punkt. Beide Fachbereiche arbeiteten ohne Termine. Das bedeutete zwar manchmal lange Schlangen, aber alle aus der Ukraine Geflüchteten, die vor Ende der Öffnungszeiten ankamen, konnten am gleichen Tag alles erledigen. Dass die Sprachbarrieren nicht zum Problem wurden, ist dem Engagement der vielen Menschen zu verdanken, die ehrenamtlich als Dolmetscher unterstützten. Inzwischen sind 2 Dolmetscher:innen fest angestellt. Im März und April glich das Landratsamt einem Bienenstock. Und dennoch war es immer erstaunlich ruhig und lief geordnet ab. Dies war sicherlich der aufeinander abgestimmten Zusammenarbeit der Sachgebiete 31 „Personenstands- und Ausländerwesen“ und 24 „Asylangelegenheiten“ zu verdanken. Bei den 31ern im Erdgeschoss wurden alle erforderlichen Datensätze angelegt sowie ein elektronischer Aufenthaltstitel (eAT) beantragt. Zum Abschluss gab es die Bestätigung darüber, die sogenannte Fiktionsbescheinigung. Mit dieser ging es in den 1. Stock zu den 24ern. Hier erhielten die Geflüchteten nach einem unbürokratischen Antrag ihre Regelleistungen sofort in bar ausgezahlt sowie Krankenscheine für nötige Arztbesuche. Wenn die Menschen aus der Ukraine keine Unterkunft hatten, kümmerten sich die Mitarbeitenden auch darum. Bis zu 100 Personen pro Tag durchliefen diesen Prozess, und das zusätzlich zum Tagesgeschäft der beiden Sachgebiete. Zum Vergleich: Davor betreuten die 6 Mitarbeitenden im Leistungsbereich des Sachgebiets 24 etwa 600 Asylbewerber:innen, bis zum Rechtskreiswechsel am 1. Juni kamen rund 1.500 ukrainische Kriegsflüchtlinge dazu. Für die Teams bedeutete das verlängerte Arbeitszeiten, an Donnerstagen oft bis nach 20 Uhr, ausgefallene Mittagspausen und immer wieder Einsätze und Nacharbeiten am Wochenende. PIKs können wir auch selbst Neben den Formalitäten für die Menge an neuangekommenen Geflüchteten galt es, viele weitere Probleme zu bewältigen. Das Hauptproblem von Alexander Dallmayr, Leiter des Sachgebiets 31, waren die PIKStationen (Personalisierungsinfrastrukturkomponente): „Bevor wir die eTA aushändigen dürfen, müssen wir für das Ausländerzentralregister die Antragstellenden fotografieren und von Personen ab dem 6. Lebensjahr zusätzlich Fingerabdrücke nehmen. Dafür braucht es eine PIK-Station. Diese sind gerade absolute Mangelware, die Bundesdruckerei kann keine liefern. Daher hat uns die Polizeiinspektion Dachau mit ihrem Gerät unterstützt. Für die ukrainischen Geflüchteten bedeutete das aber einen zusätzlichen Termin und längeres Warten auf die eTA. Bei meinen Recherchen fand ich heraus, dass so eine PIK aus gängiger Hardware in Verbindung mit einer Software besteht. Das PC-Programm haben wir nun von der Bundesdruckerei erhalten, den Rest nach den Vorgaben gekauft und seit Mitte Juni können wir mit 3 Stationen Gas geben.“ Team Landratsamt hält zusammen Trotz der Anstrengungen und je Mitarbeiter:in in den beteiligten Fachbereichen circa 200 bis 300 Überstunden ziehen die Beteiligten im Landratsamt ein positives Resümee: Die Zusammenarbeit sowohl innerhalb der Teams als auch im ganzen Landratsamt war hervorragend. Dr. Cornelia Harenberg, Abteilungsleiterin Soziale Angelegenheiten und bis Ende Mai auch kommissarische Leitung des Sachgebiets 24, erinnert sich noch immer sehr bewegt von den vielen Schicksalen und Eindrücken: „Die Stabsstelle EBI organisierte uns immer schnell Dolmetscher und auch jede andere ehrenamtliche Unterstützung. Franz Bründler kümmerte sich als damaliger Kreisbrandrat mit den Hilfsorganisationen um alle Vorbereitungen in der dezentralen Erstaufnahmeeinrichtung und den Asylunterkünften. Und auch sonst dachten alle im Haus mit und unterstützten uns zwei Teams. Man merkte, dass jeder den Menschen so schnell wie möglich helfen will. Schön, dass diese das spürten und uns so viel positives Feedback gaben.“ Hilfsorganisationen im Einsatz Aufgrund der Corona-Pandemie noch im KatastrophenfallModus, waren die Blaulicht-Organisationen auch für die Geflüchteten aus der Ukraine unentbehrlich. Um die anfangs große Menge an Menschen aufnehmen zu können, brauchten wir temporäre Ankunftszentren und damit viele helfende Hände. Koordiniert von Franz Bründler bauten die ehrenamtlichen Helfer:innen der freiwilligen Feuerwehren, des BRKs und THW z.B. Zelte, Sitz- und Schlafmöglichkeiten auf. Die Corona-Testung und medizinische Versorgung sowie Betreuung übernahmen Ehrenamtliche des BRKs. Für die psychologische Betreuung waren Mitarbeiter:innen der Caritas vor Ort. Zusammen mit Mitarbeiter:innen aus dem Landratsamt und ehrenamtlichen Dolmetscher:innen wurden die Flüchtlinge so herzlich aufgenommen und gut betreut. 5 4 Kreis.BLICK! — Juli 2022 Ukraine Spezial
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