Verbessern eNurse oder Telemedizin die hausärztliche Versorgung? Sind die Busverbindungen ausreichend für Arztbesuche? Wie können Mediziner für ländliche Gebiete gewonnen werden? – Diese und viele weitere Fragen rund um die Gesundheit im Landkreis Dachau werden im Bürgerbeirat Gesundheit diskutiert. 28 Bürgerinnen und Bürger bringen ihre Erfahrungen im Beirat ein und erarbeiten Empfehlungen für die Politik. Diese Möglichkeit, sich an Gesundheitsfragen aktiv zu beteiligen, ist einmalig in Bayern. Initiiert wurde das Pilotprojekt „Bürgerbeteiligung im Gesundheitsbereich“ vom Bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek und dem Bürgerbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Michael Hofmann. Der Landkreis Dachau wurde aus allen 57 GesundheitsregionenPlus in Bayern ausgewählt. Unsere GesundheitsregionPlus hat überzeugt, weil sie schon sehr aktiv ist und Neuerungen gut umsetzen könnte. Bernhard Seidenath, Dachauer Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Landtagsausschusses für Gesundheit und Pflege, ist dankbar für diesen Meilenstein: „Gesundheitsangebote nützen nur dann etwas, wenn sie auch genutzt werden. Und genutzt werden sie, wenn sie passgenau und bedarfsgerecht sind. Dies können am besten die Bürger selbst sagen.“ Bürgerbeirat Gesundheit Pioniere der Patientendemokratie Ideengeber mit vielfältigen Erfahrungen Ganz bewusst sind daher Bürgerbeirätinnen und Bürgerbeiräte keine Gesundheitsfachleute. Die Zusammensetzung ist so vielfältig und bunt wie die Bevölkerung im Landkreis Dachau. Mit Hilfe eines Zufallsalgorithmus wurden die Mitglieder so ausgewählt, dass Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und Gemeindezugehörigkeit berücksichtig wurden. 15 Frauen und 13 Männer im Alter zwischen 17 und 93 Jahren aus allen 17 Gemeinden des Landkreises Dachau bringen die unterschiedlichsten Erfahrungen aus ihrem Alltag ein und ergänzen so die Expertensicht. Vom Expertenvortrag zur Empfehlung Seit der Auftaktveranstaltung am 6. Oktober 2021 tauscht sich der Bürgerbeirat Gesundheit einmal im Monat aus. Organisiert und moderiert werden die Sitzungen vom nexus Institut aus Berlin. Die Beiratsmitglieder brauchen kein Vorwissen. Um Empfehlungen abgeben zu können, ist aber eine gute Informationsgrundlage notwendig. Deswegen werden neue Themenaspekte durch einen Expertenvortrag oder ein Video eingeführt. Danach sind die Beirätinnen und Beiräte an der Reihe: Sie machen eine Bestandsanalyse, sammeln aus ihren persönlichen Erfahrungen heraus Bedürfnisse und diskutieren diese. Am Ende dieses Prozesses formulieren sie Empfehlungen, was verbessert werden könnte. Gesundheitsversorgung, Gesundheitsförderung und Pflege im Fokus Der Bürgerbeirat soll natürlich Gesundheitsthemen behandeln, die in unserem Landkreis am wichtigsten sind. Darum konnten alle Bürgerinnen und Bürger bei einer Informationsveranstaltung und einer Online-Umfrage Themen dafür vorschlagen. Aus dieser Sammlung bewerteten die Beirätinnen und Beiräte folgende drei Themenkorridore mit höchster Priorität: Gesundheitsversorgung, Gesundheitsförderung und Prävention sowie Pflege. Empfehlungen: Ländliche Gebiete besser versorgen, Ärzte entlasten Los ging es mit der hausärztlichen Versorgung. Als wichtigste Bedürfnisse werden hier die Erreichbarkeit, die Verteilung im Landkreis und Hausbesuche gesehen. Die größte Herausforderung bei demThema ist die Digitalisierung. Auch die Rahmenbedingungen erwiesen sich als besonders problematisch: Wie viele Ärzte und Psychotherapeuten in einem Gebiet eine Praxis eröffnen dürfen, berechnet die Kassenärztliche Vereinigung gemeinsam mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen. Außerdem haben Mediziner die freie Wahl, wo innerhalb des zugeteilten Gebiets sie sich niederlassen. So kommt es im Landkreis Dachau dazu, dass Dachau und Karlsfeld bestens versorgt sind und Patienten aus den ländlichen Gebieten oft weite Strecken für einen Arztbesuch zurücklegen müssen. Für diese Situation hat der Beirat folgende Empfehlungen: 1. Ländliche Gebiete besser versorgen � Gemeinschaftspraxen mit verschiedenen Filialen, aber gemeinsame Praxisorganisation � Einführung einer Tele-Praxisassistenz (eNurse, TeleVERAH o.Ä.): Diese Praxisassistenzen unterstützen den Arzt, indem sie Hausbesuche machen. Dabei messen sie zum Beispiel Blutdruck, Blutzucker und Fieber, versorgen Wunden und vieles mehr. Die Daten werden in die Praxissoftware übertragen, und der Arzt kann diese sofort auswerten. Die Praxisassistenz unterstützt die Patienten auch bei einer Tele-Sprechstunde, wenn das nötig ist. � Unterstützung von Organisation und Kommunikation ehrenamtlicher Fahrdienste durch das Landratsamt 2. Ärzte entlasten � Gründung eines Ärztenetzwerks im Landkreis Dachau, initiiert vom Landratsamt Dachau oder über die GesundheitsregionPlus � Ausbau der digitalen Infrastruktur für die Ärzte, standardisierte Lösungen, Schulung, damit z.B. das Angebot digitaler Sprechstunden erweitert wird. Es geht voran Bei der Zwischenbilanz im Februar diskutierten die Beiräte ihre Verbesserungsvorschläge mit Politikern und mit Aktiven im Gesundheitsbereich. Das Motto des Bürgerbeirats „Gesundheit im Landkreis Dachau aktiv mitgestalten“ stimmte dabei für die ganze Runde. Alle Teilnehmer zeigten ehrliches Interesse an Verbesserungen für den Landkreis. Die verschiedenen Sichtweisen wurden ausgetauscht und sogar schon mögliche Lösungsschritte gemeinsam diskutiert. Es zeigte sich auch, einiges ist schon begonnen, wie zum Beispiel die digitale Infrastruktur für Ärzte. Technische und gesetzliche Hürden verzögern manchmal aber den Prozess. Dazu gibt es positive Beispiele aus anderen Ländern wie Luxemburg und Österreich, die aber auf Landes- und Bundesebene geregelt werden müssten. Soweit Landkreis oder Gemeinden zuständig sind, wollen sie die Verbesserungsvorschläge gerne unterstützen. Dr. Sommerfeld, der als Kreisrat an der Zwischenbilanz teilnahm, will die Empfehlungen im Ärztlichen Kreisverband sowie in den Qualitätszirkeln vorstellen. Gestärkt von diesem Feedback, setzen die Bürgerbeirätinnen und -beiräte ihre engagierte Arbeit bei den Themen Gesundheitsförderung und Prävention sowie psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen fort. Zum Abschluss des Pilotprojekts im Juli werden die Empfehlungen zu allen Themen dann auch an den Bayerischen Gesundheitsminister weitergegeben. Seine Aufforderung bei der Auftaktveranstaltung „Bitte bleiben Sie hartnäckig“ wird sicherlich auch über das Projekt hinaus nötig sein, um die Gesundheit im Landkreis voranzubringen. Die beiden Geschäftsführerinnen der Gesundheitsregion Plus, Annette Eichhorn-Wiegand und Laura Hannemann, werden dies gerne übernehmen: „Mit dem Aufbau der Hebammenkoordinierungsstelle in 2019 sowie dem jetzt neuen Pflegestützpunkt haben wir schon viel vorangebracht. Die Empfehlungen des Bürgerbeirats zeigen aber, dass es noch genug zu tun gibt für uns.“ Weitere Informationen zum Bürgerbeirat Gesundheit: www.dachauplus.de/buergerbeirat 15 14 Kreis.BLICK! — April 2022 Gesundheit Nachbarschaftshilfen und Fahrdienste Wenn der Arzt nicht zum Patienten kommen kann, muss der Patient zum Arzt. Gerade im Alter wird es aber immer schwieriger, solche Strecken selbst zu bewältigen. Dies war auch einer der Punkte, die der Bürgerbeirat Gesundheit bei der hausärztlichen Versorgung kritisierte. Hier können örtliche ehrenamtliche Nachbarschaftshilfen und Fahrdienste helfen. Selbstverständlich stehen dazu auch die Taxi-Unternehmen zur Verfügung. Nachbarschaftshilfen � Altomünster: (08254) 920 3990 � Bergkirchen: (08131) 735 598 � Erdweg: (08138) 10 08 � Hebertshausen: (08131) 292 862 86 � Hilgertshausen: (08250) 623 � Karlsfeld: (08131) 932 73 oder (089) 548 759 05 � Markt Indersdorf: (08136) 7665 oder (0170) 800 2922 � Odelzhausen: (08134) 920 83 oder (0171) 779 4697 � Petershausen: (08137) 534 50 � Pfaffenhofen a. d. Glonn: (08134) 920 083 oder (0171) 779 4697 oder (08134) 68 03 � Röhrmoos: (08139) 930 10 � Schwabhausen: (08138) 1797 � Sulzemoos: (08134) 557 837 � Vierkirchen: (08139) 931 410 Fahrdienste Falls Sie mehr Unterstützung oder ein behindertengerechtes Fahrzeug benötigen, können Sie auch die folgenden Fahrdienste in Anspruch nehmen: � Bayerisches Rotes Kreuz Kreisverband Dachau Servicedienste: (08131) 366 363 � Caritas-Zentrum Dachau Fahrtendienst: (08131) 298 1300 � EMHA-Service: (08136) 805 9245 oder (0179) 476 0396 � Malteser Hilfsdienst: (089) 85 80 80 300 Bürgerinnen und Bürger wissen am besten, was rund um die Gesundheit noch verbessert werden muss. Das ist der Ansatz des Pilotprojekts Bürgerbeirat Gesundheit. Von Oktober 2021 bis Juli 2022 erarbeiten 28 Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Dachau Empfehlungen für die Politik. Dazu bringen sie ihre Erfahrungen ein. Und diese sind sehr unterschiedlich, denn die Mitglieder sind zwischen 17 und 93 Jahre alt und aus allen 17 Gemeinden des Landkreises.
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