Kreis.BLICK!
Multikulti wird oft mit Berlin in Verbindung gebracht. Aber der Landkreis Dachau steht der Bundeshaupt- stadt da in nichts nach, im Gegenteil. Bei uns im Landkreis leben aktuell 27.751 ausländische Mitbür- ger aus über 100 Ländern und darüber hinaus noch viel mehr Menschen mit Migrationsgeschichte. Dauerhaft können Einwanderer in Deutschland derzeit ins- besondere bleiben als z Bürger eines anderen EU-Mitgliedsstaates (Personenfreizügigkeit), z anerkannte Geflüchtete (Schutz), z Fachkräfte aus Staaten außerhalb der EU mit quali- fizierter Berufsausbildung oder akademischem Abschluss (Fachkräfte). „Gute Integration ist eine wichtige Aufgabe, sowohl für Menschen, die zu uns kommen, aber auch für uns als Ge- sellschaft“, erklärt Landrat Stefan Löwl. Mit Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ergänzt er aber: „Integra- tionsanstrengungen alleine rechtfertigen keinen dauerhaften Aufenthalt.“ Gerade wenn Menschen jahrelang hier gelebt haben und integriert sind, ist eine Rückkehr oft nicht ein- fach. „Hier hat sich gerade im Nachgang zur Flüchtlings- krise 2015 viel getan“, meint der Landrat, „aber es gibt nicht für jeden Menschen, der da- mals nach Deutschland gekommen ist, ein dauerhaftes Bleiberecht.“ Auf Initiative von Landrat Löwl for- dert daher die Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der In- tegrationsfähigkeit in ihrem Abschlussbericht: Die be- stehenden Regelungen sollen „gründlich überprüft werden und danach erweitert, geän- dert, abgeschafft oder durch Instrumente wie eine Stichtags- regelung ergänzt werden.“ Das Ziel ist: Integrationsleistung soll sich lohnen und ist gerade mit Blick Integration auf den Mangel an Arbeitskräften in speziellen Bereichen auch für uns wichtig. Um sich dieser wichtigen Zukunftsaufgabe anzunehmen, leistet der Landkreis, auch wenn dies keine gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe ist, hier freiwillig dennoch Vieles. Landrat Löwl erklärt warum: „Wir wollen im Landkreis nicht nur Schutz oder Arbeit bieten, sondern die Menschen sollen hier auch ein dauerhaftes oder zumindest temporäres Zuhause finden. Damit dies besser gelingt, haben wir im Landratsamt drei hauptamtliche Stellen geschaffen.“ Aferdita Pfeifer als Integrationsbeauftragte, Dar- dan Kolić als Bildungskoordinator und Julius Fogelstaller als Integrationslotse informieren und beraten Akteure, Einwande- rer sowie Bürger zu allen Themen rund umMigration: Anhand von 3 Beispielen wollen wir Ihnen diese Arbeit näher vorstellen. Weltoffene Kommune „Mit der Positionierung als ‚weltoffene Kommune‘ setzt der Landkreis Dachau ein deutliches Signal für Viel- falt, Toleranz und Demokratie“, freut sich die Integrationsbeauftragte Aferdita Pfeifer. Seit September 2020 beteiligen wir uns an diesem Modellprojekt mit der Stadt Dachau sowie den Ge- meinden Petershausen und Pfaf- fenhoffen an der Glonn. Unser Selbstcheck hat ergeben, dass wir in einigen Handlungsfel- dern schon gut unterwegs sind hin zur Weltoffenheit, etwa bei Engagement und Beteili- gung. Hier profitieren wir unter anderem von den ehrenamtlich Engagierten sowie der Arbeit des Asyl- und Integrationsbeirats. Mehr tun müssen wir zum Beispiel bei der interkulturellen Öffnung und beim Antirassismus. Die Teil- nehmer am Modellprojekt haben daraus konkrete Aufgaben abgeleitet, beispielsweise die Antirassismus- und Antidiskri- minierungsarbeit an Schulen verstärken, Teilhabechancen für Bildung und Arbeit erhöhen und den Asyl- und Integrations- beirat bekannter machen. Vieles davon ist nun schon in der Umsetzung: Wir planen, den Dokumentarfilm „Wir sind jetzt hier. Geschichten über das Ankommen in Deutschland“ ab Herbst an Schulen zu zeigen. In dem Film kommen sieben junge Männer zu Wort, die aus Ländern wie Syrien, Afghanistan und Eritrea geflüch- tet sind. Ihre Geschichten lassen die Zuschauer teilhaben an den emotionalen Turbulenzen, die eine Flucht nach sich zieht, und sie erzählen viel darüber, was es auch in den nächs- ten Jahren noch braucht, damit Integration gelingt: Offen- heit und Respekt gegenüber jedem Menschen, egal woher er kommt. Im Oktober informieren wir mit der Veranstaltung „Internationale Fach- kräfte beschäftigen“ Unternehmen, Insti- tutionen und auch (angehende) Fach- kräfte über die neuen Möglichkeiten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. So wollen wir helfen, die freien Stellen im Landkreis zu besetzen, und gleich- zeitig Wege zeigen, wie die innerbetrieb- liche Integration besser gelingen kann, zum Beispiel durch Sprachprogramme. Asyl- und Integrationsbeirat Es braucht imLandkreis ein Sprachrohr für Menschenmit Migrationsgeschichte und Fluchthintergrund, darin waren sich die Mitglieder des Kreisausschusses einig. Und so stimmten im Juli 2017 alle für die Einführung eines Asyl- und Integrations- beirats. Der 2018 gegründete Beirat besteht aus 21 Mitgliedern, die zu gleichen Teilen aus den folgenden Bereichen kommen: Personen mit Migrationshintergrund, Vertreter von relevanten Fachstellen, Behörden und Initiativen sowie politische Verant- wortungsträger. Für das Landratsamt ist unsere Integrationsbe- auftragte Aferdita Pfeifer Mitglied. Die besondere Zusammen- setzung ermöglicht es, Herausforderungen und Chancen zu erkennen, in den Sitzungen zu diskutieren und dann gemein- sam Lösungen zu finden und umzusetzen. Die beiden Sprecher Hale Eren-Khaki und Ahmad Navid so- wie unsere Integrationsbeauftragte sind derzeit sehr aktiv, den Beirat bei allen politischen Entscheidungsträgern imLandkreis bekannt zu machen. Dazu stellen sie ihn im Kreistag und in den Stadt- und Gemeinderäten vor und werben für eine Mit- arbeit. Denn an den Arbeitsgruppen können auch Personen teilnehmen, die nicht Mitglied des Integrationsbeirats sind. Der Integrationspreis ist eine erste größere Aktion des Beirats. Dieser Preis wird einmal im Jahr an Projekte und Initiativen verliehen, die sich besonders für die Integration engagieren. So erfahren noch mehr Menschen davon und es werden viel- leicht weitere Projekte angestoßen. Für den Integrationspreis können sich alle, die sich im Landkreis Dachau für die Inte- gration einsetzen, bewerben: Institutionen, Vereine, Projekte oder Initiativen sowie Einzelpersonen. Im Jahr 2019 ging der Integrationspreis an das ehrenamtliche Projekt „Azubi-Treff“. Das „Mitfahrbankerl“ erhielt den Integrationspreis 2020. Integrationslotse Integration ohne ehrenamtliches Engagement ist nicht denk- bar. Helferkreise und Einzelpersonen leisten sehr wertvolle Arbeit. Seit 2019 werden sie von unserem Integrationslotsen unterstützt. Julius Fogelstaller ist fester Ansprechpartner für alle Anliegen der Ehrenamtlichen im Asylbereich. Er bringt sie und die Hauptamtlichen aus dem Landratsamt, vor al- lem aus den Sachgebieten 24 – Asylangelegenheiten und 31 – Ausländeramt, zusammen unter dem Motto „Ehrenamt trifft Landratsamt“. „Nur wenn jeder die jeweils andere Sei- te gehört und verstanden hat, gibt es eine Basis, auf der das gemeinsame Ziel Integration erreicht werden kann“, erklärt Julius Fogelstaller. Wichtig bei der Arbeit des Integrations- lotsen ist außerdem, den freiwillig Tätigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das reicht von der Arbeitshilfe Asyl bis hin zu Schulungen und Fortbildungen wie zum Bei- spiel der Workshop-Reihe „Bildung durch Ehren- amt – Unterstützung für Neuzugewanderte“. Durch den regelmäßigen Austausch mit den Ehrenamtlichen weiß Julius Fogel- staller auch, welche Unterstützung die Geflüchteten zusätzlich brauchen, und entwickelt neue Angebote. Seit dem letz- ten Jahr sucht er Ausbildungsbegleiter, die Azubis mit Fluchthintergrund ehren- amtlich Nachhilfe beim Berufsschulstoff geben. Sein neuestes Projekt sind „PlauderPate*innen“. Menschen, die in Asyl- unterkünften wohnen, sind tagtäglich umgeben von un- terschiedlichsten, nichtdeut- schen Sprachen. Sie kön- nen darum nur selten die deutschen Sprachkennt- nisse üben, die sie in einem Deutschkurs gelernt ha- ben. Dazu sollen ihnen nun Treffen mit PlauderPaten die Möglichkeit geben (Näheres siehe runder Infokasten, S. 16). Julius Fogelstaller ist zuversicht- lich: „Dieses Projekt ist sicherlich ein weiterer Baustein, dass wir im Landkreis noch viel öfter sagen werden: ‚Integration gelingt! Empowered by Ehrenamt‘ und die Seit e www.empowered-by-ehrenamt.de mit vielen weiteren Integrationsgeschichten füllen können.“ Kontakt: Integration im Landkreis Aferdita Pfeifer (Integration allgemein) integration@lra-dah.bayern.de Dardan Kolić (Bildung) bildung@lra-dah.bayern.de Julius Fogelstaller (Ehrenamt) integrationslotse@lra.dah.bayern.de Asyl- und Integrationsbeirat (Mitmachen) integrationsbeirat@lra-dah.bayern.de www.landratsamt-dachau.de/integration Integration aktuell Integration gelingt! Empowered by Ehrenamt Auf der Seite www.empowered- by-ehrenamt.de finden Sie Integrations- geschichten aus 8 oberbayerischen Land- kreisen, die unter anderem auch durch den großen Einsatz von Ehrenamtlichen ge- lungen sind. Lesen Sie, wie im Landkreis Dachau zum Beispiel die Freund- schaft zwischen Ferdl und Osama entstanden ist. DAHoam ist mehr als Schutz und Arbeit Integration im Landkreis z Frauen u. Familie z Deutsch lernen z Beratungsstellen z Mitgestalten z Ehrenamt z Berufliche Anerkennung z Qualifizierung in Deutschland z Arbeit z Kinderbetreuung z Schule z Bewerbung z Ausbildung z Studium Integration aktuell Info-Veranstaltung „Internationale Fachkräfte beschäftigen“ 21. Oktober 2021, 17 Uhr bis 19.30 Uhr Ort wird noch bekannt gegeben. Anmeldung bereits jetzt möglich unter integration@lra-dah.bayern.de Der Fachkräftemangel im Landkreis ist groß. Hier kann das Fachkräfteeinwanderungsgesetz Abhilfe leisten. Wir informieren Unternehmen, Institutionen und (angehende) Fachkräfte über die Voraussetzungen und Möglichkeiten. Anhand guter Beispiele stellen wir vor, wie die betriebliche Integration gelingt und was langfristig Mitarbeiter ans Unternehmen bindet. Integration aktuell Werden Sie PlauderPate*in Wir suchen Bürgerinnen und Bürger, die � offen sind im Umgang mit fremden Kulturen, � mindestens eine Stunde in der Woche Zeit haben, sich mit einem Menschen mit Fluchtgeschichte zu treffen, und � geduldig beim Zuhören sind und selbst konzentriert und langsam sprechen. Als PlauderPate helfen Sie Ihrem Tandempartner, die erlernten Deutsch- kenntnisse anzuwenden und beim Plaudern ganz nebenbei zu verbes- sern. Wo Sie sich treffen, vereinbaren Sie gemeinsam, zum Beispiel auf einer Parkbank, in der Asylunterkunft oder bei einem Spaziergang. Ein regelmäßiges Treffen jeweils zur gleichen Zeit macht erfah- rungsgemäß Sinn, da Sie so beide besser planen können. Der Integrationslotse Julius Fogelstaller bietet vor dem Start der freiwilligen Tätigkeit eine Schulung an, hat Themenvorschläge fürs Plaudern und hilft gern bei Fragen. 16 17 Kreis. BLICK ! — Oktober 2021
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