Kreis.BLICK!

Im Blick!punkt 12 13 Kreis. BLICK ! — Juli 2021 Viel Neues für Häuslebauer Änderungen der Bayerischen Bauordnung Einfacher, schneller, günstiger, flächensparender und nachhaltiger soll das Bauen werden. Dieses Ziel hatte die Bayerische Staatsregierung bei der Über- arbeitung der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die neue Fassung, die sich an der bundesweiten Musterbauordnung orientiert, gilt seit dem 1. Fe- bruar. Wie bei früheren Änderungen des Bauord- nungsrechts auch, wurde einmal mehr die Eigenver- antwortung des Bauherrn und der Planer verstärkt. Wer nun bauen möchte, muss einige veränderte beziehungs- weise neue bauordnungsrechtliche Vorschriften und Verfah- ren beachten. Als zuständige Bauaufsichtsbehörde für alle Landkreisgemeinden außer der Stadt Dachau haben wir die wesentlichen Änderungen für private Bauherren vereinfacht zusammengefasst. 3 m Mindestabstand erforderlich. Das bisherige sogenannte 16-Meter-Privileg, also die Reduzierung der Abstandsflächen auf 2 Seiten bei einem Gebäude unter 16 Metern Wandlän- ge, entfällt dafür. Durch die Neufassung der BayBO kön- nen Abstandsflächen entstehen, die aussehen wie der Gie- bel selbst (siehe Skizze), da die Giebelflächen nicht mehr wie früher schon im Vorhinein reduziert werden können. Eine weitere wesentliche Änderung ist, dass nun an der Traufseite, also „bei der Regenrinne“, die Höhe des Da- ches zu 1/3 zur Wandhöhe hinzugerechnet wird. Bisher war das erst ab 45° Dachneigung der Fall. Auch benöti- gen nun alle Dachgauben Abstandsflächen, die aber meist innerhalb derer des Daches liegen dürften. Nach der neuen BayBO können Abstände zwischen Wohngebäuden auf bis zu 0,4 der Wandhöhe verringert werden. Da nun auch Giebel und Gauben oder andere Gebäude- teile bei der Höhe berücksichtigt werden, ergeben sich nicht mehr nur rechteckige Abstandsflächen. QUELLE: VOLLZUGSHINWEISE DES BAYERISCHEN STAATSMINISTERIUMS FÜR WOHNEN, BAU UND VERKEHR ZUR BAYERISCHEN BAUORDNUNG 2021 nach Fristablauf von der Bauaufsichtsbehörde durch ein entsprechendes Schreiben bescheinigt. Was sich erstmal revolutionär anhört, spielt bei uns im Landkreis allerdings keine große Rolle. Bauanträge für Wohnbauvorhaben, die vollständig eingereicht wurden und alle gesetzlichen Vor- gaben berücksichtigten, wurden im Regelfall auch bisher schon innerhalb von weniger als 3 Monaten genehmigt. Durch die Neuregelung müssen unvollständige oder man- gelhafte Bauanträge schnell(er) zurückgewiesen werden. Wenn wir fehlenden Unterlagen nachfordern, haben Sie eine bestimmte Frist (meist 3 Wochen), um diese nachzu- reichen. Ansonsten gilt der Bauantrag als „zurückgenom- men“ und muss gegebenenfalls nochmals neu eingereicht werden. Daher empfehlen wir allen Bauherren, ausführlich zu prüfen, ob ihre Unterlagen vollständig sind (siehe Info- kasten), bevor sie einen Bauantrag stellen. Ziel dieser Re- gelung ist, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Die Baugenehmigungsbehörden sollen schnell prüfen, benö- tigen dafür jedoch vollständige und genehmigungsfähige Bauantragunterlagen – so werden nun beide Seiten in die Pflicht genommen. Erweitertes Satzungsrecht der Gemeinden Die Gemeinden haben jetzt spürbar mehr Gestaltungsmög- lichkeiten, da ihr Satzungsrecht deutlich erweitert wurde. Bisher gab es gemeindliche Satzungen zum Beispiel für Kraft- fahrzeug- und Fahrradstellplätze oder für die Gestaltung von Gauben. Nun können Satzungen auch erlassen werden für: 1. Abstandsflächen Fast alle Landkreisgemeinden haben eigene Regelungen zu den Abstandsflächen getroffen. Bauwilligen empfehlen wir daher, sich eingehend von einem Planvorlageberechtigten, wie zum Beispiel einem Architekten, zum Thema Abstands- flächenrecht beraten zu lassen. 2. Spielplätze Für Gebäude mit mehr als 3 Wohnungen muss weiterhin ein ausreichend großer Spielplatz nachgewiesen werden. Damit über Größe und Ausstattung künftig nicht mehr diskutiert wird, können die Gemeinden diese nun über eine Satzung regeln. Neu sind auch die 3 Möglichkeiten, einen Spielplatz nachzuweisen: z auf dem Baugrundstück selbst, z auf einem in der Nähe gelegenen Grundstück, z über eine sogenannte Spielplatzablöse (eine Zahlung an die Gemeinde, welche dann Spielplätze errichtet und unterhält). 3. Ortsbildgestaltung inklusive vorgeschriebener Begrünung der Gebäude Zusätzlich zur Begrünung von Dächern können die Gemein- den nun auch Regelungen zur Begrünung von Gebäuden aus ortsgestalterischen Gründen erlassen. 4. Freiflächengestaltungs- und Einfriedungssatzung Den Gemeinden wird ermöglicht, künftig die Bepflanzung der unbebauten Flächen rund um die Gebäude zu regeln. Zur Ortsgestaltung können die Gemeinden so insbesondere Steingärten, Schottergärten und Kunstrasen verbieten. Ob und welche Satzungen in der jeweiligen Gemeinde gel- ten, bitten wir dort zu erfragen. Die Änderung der BayBO stellt nicht nur die Bauherren und insbesondere die Planer vor neue Herausforderungen. Auch die Bauaufsichtsbehörden mussten sich mit diesen Neuerungen intensiv auseinandersetzen. Manche Auslegungsfragen werden derzeit noch geklärt und es entstehen teilweise auch neue. Natür- lich sind wir bemüht, die den konkreten Fall betreffenden Fra- gen sobald als möglich zu klären, damit eine möglichst reibungs- lose Antragsbearbeitung gewährleistet werden kann. (gb, ks) Neben den gemeindlichen Bauämtern können sich Bauher- ren bei einzelnen Problemen des Baurechts, des Brandschut- zes, bei technischen Einzelfragen und Fragen rund um ein baurechtliches Verfahren auch an die zuständigen Mitarbei- ter im Landratsamt wenden. Im Rahmen dieser Beratung können einzelne Aspekte erörtert, aber keine rechtsverbindli- chen Auskünfte über die endgültige Genehmigungsfähigkeit gegeben werden. Dies geschieht ausschließlich in den dafür vorgesehenen baurechtlichen Verfahren, zum Beispiel einem Bauantrag oder Vorbescheid. Die neue Bayerische Bauordnung kurz und knapp Das ist neu: z Genehmigungsfiktion (Art. 68 Abs. 2 BayBO) z Genehmigungsfreistellungsverfahren für den „Dachgeschossausbau“ im Innenbereich (Art. 58 Abs. 2 Satz 1 BayBO) z Möglichkeit des digitalen Baugenehmigungsverfahrens (Art. 80a BayBO) Das hat sich im Wesentlichen geändert: z Abstandsflächenrecht (Art. 6 BayBO) z Spielplatzrecht (Art. 7, 81 Abs. 1 Nr. 3 BayBO) z Verpflichtung zur Herstellung von Rettungswegen (Art. 31 Abs. 1 Satz 2 BayBO) z Nachweis über die Beteiligung der Nachbarn (Art. 66 Abs. 1 BayBO) z Satzungsrecht der Gemeinden für örtliche Bauvorschriften (Art. 81 BayBO) Unterlagen für Bauanträge Bisher sind bis zu 30 % der eingereichten Unter- lagen unvollständig oder mangelhaft und können daher nicht bearbeitet werden. Häufig fehlende Unterlagen sind zum Beispiel: z Unterschriften des Bauherrn auf Bauvorlagen, sowohl auf Plänen wie auch auf den Anträgen z Amtlicher Lageplan (Auszug aus dem Katasterwerk) inklusive rot eingezeichneter Bauvorhaben (gesetzliche Vorschrift) z Abstandsflächenplan z Dienstbarkeiten im Grundbuch für die Sicherung von Zufahr- ten und/oder Stellplätzen z Barrierefreiheit bei öffentlichen Gebäuden oder bei Wohnge- bäuden mit mehr als 2 Wohneinheiten Für eine möglichst schnelle Genehmigung des Bauantrags emp- fehlen wir, sorgfältig zu prüfen, ob die Unterlagen vollständig sind, bevor der Antrag gestellt wird. Eine Liste der grundsätzlich notwendigen Unterlagen für einen Bauantrag sowie sämtliche For- mulare und Merkblätter sind bei uns auf der Homepage zu finden: www.landratsamt-dachau.de/bauamt-formulare Kontakt Bauamt bauamt@lra-dah.bayern.de Bei den Abstandsflächen von Grenzgaragen ist schon eine erste Anpassung des Gesetzes auf den Weg gebracht worden. Dies war nötig, da zum Beispiel bei Garagen mit Satteldächern, die mit der Giebelseite an der Grundstücksgrenze stehen, Proble- me entstehen können. Rettungswege Bei erdgeschossigen Gebäuden bis maximal 400 m² genügt nun ein Rettungsweg, wenn dieser direkt ins Freie geht. Eben- falls nur ein Rettungsweg ist erforderlich für Stockwerke ohne Aufenthaltsräume. Dies können zum Beispiel reine Lager- oder Technikkeller sein. Wohnen im Dachgeschoss Ohne Genehmigung können nunmehr Dachgeschosse ausge- baut werden, inklusive Dachgauben, um dort neuen Wohn- raum zu schaffen. Dies gilt aber nur innerhalb geschlossener Ortschaften, in denen es keinen Bebauungsplan gibt. Nach § 34 BauGB ist das der sogenannte Innenbereich. Natürlich müssen dennoch alle bestehenden rechtlichen Anforderungen wie zum Beispiel das Einhalten der Abstandsflächen (vor allem der Gauben, siehe oben), der Rettungswege oder der gemeind- lichen Stellplatzsatzung beachtet werden und eine Vorlage bei der Gemeinde im sogenannten Genehmigungsfreistellungs- verfahren abgegeben werden. Nachbarbeteiligung Das Risiko und die Verantwortung, ob alle Nachbarn infor- miert oder beteiligt wurden, trägt nun alleinig der Bauherr. Er muss den Eigentümern der benachbarten Grundstücke den Lageplan und die Bauzeichnungen zur Zustimmung vorlegen. Im Bauantragsformular kann nur noch angekreuzt werden, ob der jeweilige Nachbar zugestimmt hat oder nicht. Die eigent- liche Unterschrift des Nachbarn muss bei der Bauaufsichts- behörde nicht mehr vorgelegt werden. Genehmigungsfiktion Für Wohnbauvorhaben, die ab dem 1. Mai 2021 eingereicht wurden, gilt eine Genehmigungsfiktion. Per Gesetz gelten diese Bauanträge nach Ablauf einer Frist von 3 Monaten als genehmigt. Die Frist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn ein vollständiger, prüfbarer Bauantrag vorliegt. Der Bau- herr bekommt das Eintreten der Genehmigungsfiktion Abstandsflächen Die Abstandsflächen sind die Abstände, die ein Ge- bäude zum Nachbargrund- stück oder auch zu anderen Gebäuden auf demselben Grundstück einhalten muss. Diese Flächen wurden ver- kleinert und gleichzeitig den Gemeinden die Mög- lichkeit gegeben, über eine Satzung den gesetzlich vor- gegebenen Mindestabstand zu vergrößern (siehe Punkt „Erweitertes Satzungsrecht der Gemeinden“). Falls eine Gemeinde nichts anderes vorgibt, kann nun zum Bei- spiel in einem Wohngebiet für die Abstandsflächen auf allen Seiten des Gebäudes die Wandhöhe – neu nun aber inklusive der tatsächlichen Größen von Giebel und Gauben oder anderer Gebäudeteile – mit 0,4 multipliziert werden. In Gewerbe- und Industriegebieten kann sogar auf 0,2 reduziert werden. In allen Fällen sind aber immer

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