Kreis.BLICK!
# Die Zeiten, in denen die Mitarbeiter von der Einstellung bis zur Rente jeden Tag am Schreibtisch sitzen und die gleiche Arbeit ausführen müssen sind längst vorbei, zumindest am Landratsamt Dachau. Der Landrat und die Personalabteilung unterstützen Einblicke in die Praxis außerhalb des Amtes durch Betriebsbesichtigungen und Hospitationen. Auch persönlich schaut Landrat Löwl gerne, wie außerhalb des Amtes gearbeitet wird: Zeitung machen, Brezen drehen und Weißwürste wursten hat er schon ausprobiert. Intern ist ebenfalls Vieles möglich, ohne den eigenen Arbeitsbereich zu wechseln. Abteilungsübergreifende Projektarbeit, Hospitationen, ein Blind-Mittagessen- Date mit einem Kollegen aus einer anderen Abteilung, Führungskräfte-Coaching und die Springerregelung sind ein paar Beispiele dafür. Sie haben im Haus auch das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit ver- bessert. Wer sich doch innerhalb des Landratsamtes mal verändern möchte, der kann sich natürlich auf freiwer- dene Stellen bewerben und darüber hinaus auch intern weiterqualifizieren durch das IQ-Programm. In Einfüh- rungsveranstaltungen werden diese Möglichkeiten neuen Kollegen vorgestellt. Bei ihrer Einarbeitung bilden sie mit einem „alten“ Kollegen ein Lern-Tandem und können so von seiner Erfahrung profitieren. Angestoßen wurden einige dieser Personalentwicklungs- maßnahmen durch das Mehrwertprojekt „Agile Verwal- tung – Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen“ 2018/19. Als Besonderheit bestand das Projektteam aus aktuellen Teilnehmern des 26. Lehrgangs für Verwal- tungsführung, einem ressortübergreifenden Fortbildungs- programm der Bayerischen Staatskanzlei. Sie loteten Möglichkeiten aus, wie sich eine Verwaltung noch besser aufstellen kann, um agil auf zukünftige Herausforderun- gen zu reagieren. Insbesondere werden in den nächsten Jahren der demografische Wandel, der Fachkräftemangel und die Bevölkerungszuwächse im Landkreis Dachau Auswirkungen auf die Arbeit im Landratsamt haben. Das bedeutet, es gibt viel zu tun für immer mehr Menschen. Wollen Sie uns dabei helfen und unser Team Landrats- amt verstärken? Dann schauen Sie doch mal auf unse- re aktuellen Stellenausschreibungen im Internet unter www.landratsamt-dachau.de/zukunft. WeitBlick Personal Nein, uns sind nicht die Arbeits- plätze ausgegangen, weil Landrat Löwl und 18 Mitarbeitende des Landratsamtes auf einem Trak- tor-Anhänger unterwegs waren. Vielmehr blickten wir hinter die Kulissen des Bio-Gemüsebauern Peter Großmann-Neuhäusler in Vierkirchen. In der inzwischen über hundertjährigen Geschichte seines Hofs hatte er auch viel mit dem Landratsamt zu tun: Zum Bei- spiel für Baugenehmigungen war er oft in Dachau. Nun haben wir uns auf den Weg zu ihm gemacht. Die Teilnehmer der Betriebsbesichti- gung kamen aus den Fachabteilungen, die sich mit den verschiedenen Aspek- ten der Landwirtschaft befassen. So fällt zum Beispiel in die Aufgabenbe- reiche des technischen Bauamtes und auch des Gesundheitsamtes die Unter- bringung der Erntehelfer. Im Interesse des Naturschutzes liegen die Frage des Düngens und das Spannungsfeld Land- wirtschaft-Natur-Artenschutz. Bio geht in jeder Größe Auf dem Hof laufen Hühner frei rum, auf der Weide grasen Kühe, Schweine wälzen sich glücklich im Dreck und ein kleiner Traktor tuckert über das Feld – stellen auch Sie sich so einen Bio-Hof vor? Wir wurden eines Besseren belehrt. Peter Großmann-Neuhäusler, der In- haber von „Großmann´s Feldfrüchte“ bewies uns, dass Bio auch ganz anders sein kann. Er ist nicht nur persönlich ein Großer mit einer Körpergröße von 1,87 Metern, sondern auch beruflich. Ge- meinsam mit seiner Frau Barbara und den Söhnen Georg und Mathias betreibt er auf mehreren hundert Hektar ökolo- gischen Ackerbau, fast 90 Prozent davon sind wegen der hohen Bodenpreise ge- pachtet. So eine große Fläche lässt sich nur mit viel Technik bewirtschaften, wie wir erfuhren. Bodenbearbeitung, Ansäen und Unkrautjäten wird bei den meisten Pflanzkulturen mit Schleppern erledigt, welche alle mit GPS ausgestat- tet sind. Dieses erkennt den Standort auf 2 bis 3 Zentimeter genau, das in unseren Autos auf circa 50 Meter. Diese ausge- reifte Technik hat natürlich ihren Preis. 20.000 EUR kostet die Anschaffung des GPS für einen Schlepper. Nachvollzieh- bar, dass sich das nur rentiert für Betrie- be mit einer bestimmten Größe. Einige riesige Hallen braucht die Fami- lie allein für ihre Kartoffeln und Zwie- beln, um diese bei 1 bis 4 Grad von der Ernte im August bis circa April zu lagern. Außerdem wachsen auf den Fel- Ohne Saisonarbeitskräfte geht nichts Schon erstaunlich, dass trotz der aus- gereiften Technik zum Beispiel das Unkraut bei bestimmten Pflanzen nur von Hand entfernt werden kann. Darum sind 50 bis 60 Saisonarbeiter, vorwiegend aus Ostrumänien, auf den Feldern im Einsatz. Viele von ihnen kommen schon mehrere Jahre nach Pasenbach. Sie schätzen die guten Be- dingungen hier, zum Beispiel teilten sich vor Corona maximal vier Arbeiter eine 35 qm große Betriebswohnung mit Küche, Aufenthaltsraum, Bad und Schlafzimmer. Während des Corona- Lockdowns standen die Wohnungen leer und der Bio-Bauer suchte verzwei- felt nach Arbeitskräften aus Deutsch- land. Auf eine Annonce meldeten sich zwar 100 Bewerber, nach 3 Wochen Arbeit waren nur noch 7 davon am Hof. „Die Arbeit auf den Feldern ist kein Zuckerschlecken. Viele Stun- den am Tag hart arbeiten, das will in Deutschland kaum mehr jemand“, weiß Peter Großmann-Neuhäusler aus Erfahrung. Er fürchtete schon um seine Ernte und war dementspre- chend froh, als die auslän- dischen Saisonarbeitskräfte wieder einreisen durften. Bio, Düngen und Schädlings- bekämpfung – das geht! Um in der Biolandwirt- schaft einen möglichst gro- ßen Ertrag zu erreichen, ist die Fruchtfolge wichtig. Das bedeutet, dass auf einem Feld jedes Jahr etwas An- deres angebaut wird, denn jede Pflanze entzieht dem Boden unterschiedliche Nährstoffe. Alle fünf Jahre wird Kleegras gepflanzt, da- mit sich der Boden erholen kann und Stickstoff aus der Luft bin- det. „Ergänzend ist bestimmter Kali- und Phosphordünger auch im ökolo- gischen Landbau erlaubt“, erklärte der Bio-Gemüsebauer. Auch Schädlingen und Pflanzenkrankheiten muss er nicht ganz tatenlos zusehen. In den Vorgaben der Biosiegel ist genau geregelt, welche zumeist natürlichen Mittel wann ver- wendet werden können. Ob bei Groß- mann´s Feldfrüchte auch sämtliche Bio- Regularien eingehalten werden, wird von staatlich beauftragten Kontrol- leuren und auch von den Abnehmern geprüft. Peter Großmann-Neuhäusler erinnert sich an einen Fall, als ein Ab- nehmer einen Sack Kartoffeln rekla- mierte. Es stellte sich heraus, dass nicht an den Kartoffeln verbotene Düngeres- te waren, sondern am Sack, der vorher von einem Nicht-Bio-Betrieb benutzt wurde. Dies zeigt, wie genau die Unter- suchungen sind. Erst nach diesen vielen Kontrollen bekommt der Betrieb ein Zertifikat, das ihm erlaubt, seine Pro- dukte mit dem Bio-Siegel zu verkaufen. Die Teilnehmer der Betriebsbesichti- gung waren sich einig: der Nachmittag war sehr interessant. Jeder Mitarbeiten- de konnte etwas für seinen Themenbe- reich mitnehmen, aber auch viel drum- herum, zum Beispiel das gute Gefühl, „wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin“. dern Getreide, Karotten, Sellerie, Rote Bete, Weißkraut, Blaukraut und Ein- legegurken. Kartoffeln sind die Haupt- einnahmequelle der Familie, da es von der Unkrautbekämpfung her relativ einfach ist, diese in Bioqualität anzu- bauen. Peter Großmann-Neuhäusler ist schon ein bisschen stolz, dass er mit seiner Ernte den halben Landkreis ver- sorgen könnte. Zu kaufen gibt es die Produkte aber nicht bei ihm auf dem Hof. Er beliefert damit Discounter und Konservenhersteller. Vom Schreibtisch auf den Traktor 15 Kreis. BLICK ! — September 2020 14 So klein und doch so schädlich sind Larven des Kartoffelkäfers. Sie können in kürzester Zeit ganze Felder leer fressen. Damit dies nicht passiert, be- sprüht Peter Großmann-Neuhäusler die Pflanzen mit Öl vom Neembaum. Der Bio-Landwirt zeigt es uns: Gurken wachsen sehr unregelmäßig und am Boden „kriechend“. Darum können Sie nicht mit Ma- schinen geerntet werden. Hier kommen die sogenannten „Gurken- flieger“ zum Einsatz, auf denen Saisonarbeitskräfte per Hand reife Früchte vom Stock abpflücken.
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