Kreis.BLICK!
16 17 Kreis. BLICK ! — März 2020 Das Herz wird nicht dement Warum bin ich jetzt in den Keller gegangen? Wo liegt mein Schlüssel? – Wenn Sie sich nur ab und zu diese Fragen stellen, müssen Sie sich keine Sorgen machen. Denn beispielsweise Stress und Schlafmangel können zu Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten führen. Bei Demenz sind diese Probleme jedoch dauerhaft und wer- den immer schwerwiegender. In unserem Landkreis leben über 2.000 Menschen mit De- menz, bis 2032 wird mit einem Anstieg auf insgesamt 3.800 Erkrankte gerechnet. Daher wird es immer wichtiger zu wis- sen, was diese Krankheit bedeutet und wie Erkrankte gut im Alltag unterstützt werden können. Neben dem Gedächtnis sind auch viele andere Fähigkeiten von der Krankheit betrof- fen. Im Infokasten haben wir die häufigsten zusammenge- stellt. Fallen Ihnen bei sich selbst oder bei anderen Menschen solche Veränderungen über einen längeren Zeitraum auf, so ist es ratsam, dies mit einem Hausarzt zu besprechen. Verstärkt sich dabei der Verdacht auf eine Demenz, kann für die weite- re Diagnose eine Gedächtnisambulanz oder Memory-Klinik aufgesucht werden. Die Spezialisten klären ab, ob eine De- menz vorliegt, oder ob vielleicht eine andere Erkrankung die Gedächtnisprobleme auslöst, beispielsweise: � Depressionen � Vitaminmangel (z.B. Vitamin B12, Folsäure) � Hormonmangel (z.B. Schilddrüsenhormone) � Einnahme von Beruhigungs- oder Schlafmitteln Ursachen und Verlauf Am häufigsten wird eine Demenz durch die Alzheimer- Krankheit verursacht. Dabei sterben langsam immer mehr Nervenzellen ab. Wodurch dieser Prozess ausgelöst wird, ist bis heute nicht bekannt. Die zweithäufigste Ursache für eine Demenz sind Durchblutungsstörungen im Gehirn in- folge von Gefäßverengungen. Dadurch kann es zu einem oder mehreren Schlaganfällen kommen. Teile des Gehirns werden in der Folge nicht mehr genügend mit Blut versorgt und Nervenzellen sterben ab. Unabhängig von den Ursachen der Demenz lässt sich der Verlauf grob in drei Stadien eintei- len. Im frühen Stadium ist das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Der Erkrankte erinnert sich beispielsweise nicht mehr, was vor fünf Minute passiert ist. Insgesamt wirkt er, als ob er etwas schusselig ist. Die Gedächtnisprobleme zeigen sich im mittle- ren Stadium auch im Langzeitgedächtnis. Betroffene brauchen bei einfachen Dingen im Alltag Hilfe und finden sich selbst in ihrem Zuhause immer weniger zurecht. Im späten Stadi- um verschlechtert sich die Bewegung bis zur Bettlägerigkeit. Erkrankte können gar nicht mehr, oder nur einzelne Worte sprechen und erkennen auch die ihnen sehr nahestehenden Menschen wie Familienangehörige und Freunde nicht mehr. Risikofaktoren und Prävention Je nach Ursache beträgt das Risiko, Demenz vererbt zu be- kommen, zwischen 1 % und 10 %. Je älter jemand wird, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken. Laut einer Übersicht der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sind in der Altersgruppe von 70 bis 74 Jahre lediglich unter 4 % betroffen, bei den über 90-Jährigen jedoch über 41 %. Zahlreiche Faktoren erhöhen das Risiko einer Demenz infolge von Durchblutungsstörungen im Gehirn, darunter Bluthoch- druck, Herzrhythmusstörungen und Diabetes mellitus. Diese Erkrankungen sollten regelmäßig ärztlich behandelt werden. Leider kann man sich nicht vollkommen davor schützen, an Demenz zu erkranken. Jeder kann aber einiges tun, um sein Risiko zu verringern. Dazu gehört regelmäßige körperli- che Bewegung an der frischen Luft, seine „grauen Zellen“ anstrengen und sich mit anderen Menschen treffen und austauschen. Auch eine ausgewogene, fettarme Ernährung mit viel Obst und Gemüse und reich an Vitaminen kann posi- tive Effekte haben. Der Alltag mit Demenz DieDiagnose „Demenz“ ist schwierig und belastend für Betrof- fene wie auch für Angehörige. Viele Fragen schwirren einem dann gleichzeitig durch den Kopf. Bei einem ausführlichen Gespräch mit einem Arzt lassen sich jedoch Krankheitsverlauf und Therapiemöglichkeiten klären. Neben Medikamenten, die Gedächtnisprobleme und Verhaltensveränderungen bzw. -störungen mildern können, helfen bestimmte Therapien den Patienten, ihre Fähigkeiten länger zu erhalten und mit ihrer Krankheit zurechtzukommen. Ist die Demenz im frühen Stadium, ist es wichtig, dass der Er- krankte festlegt, wer für ihn entscheiden soll, wenn er es einmal nicht mehr selbst kann. Vorsorgevollmacht beziehungsweise Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sollten da gere- gelt werden. Auch wenn die Demenz nicht aufgehalten werden kann, so gibt es doch viele Hilfsmittel und Unterstützungsmög- lichkeiten, um möglichst lange in der vertrauten Umgebung bleiben zu können. Denn das eigene Zuhause bedeutet Sicher- heit, gibt Halt und trägt damit zum Wohlbefinden bei. Auch wirkt es sich positiv auf die Patienten aus, wenn sie sehr lange aktiv bleiben, also regelmäßig ihren Hobbies nachgehen, sich mit Freunden treffen und mit ihnen offen über die Krankheit sprechen. Angehörige und Freunde sind eine wichtige Hilfe für einen betroffenen Menschen. Im Umgang mit ihm sind zwei Dinge besonders hilfreich: Versetzen Sie sich immer wieder in dessen Situation hinein. So lassen sich manche Verhaltens- weisen besser verstehen. Sprechen Sie beruhigend und zeigen Sie ihre Zuneigung durch Worte und Gesten. Auch wenn der Patient nicht mehr sprechen kann, bedeutet das nicht, dass er nichts mitbekommt. Gefühle werden selbst im späten Stadium wahrgenommen, denn das Herz wird nicht dement. Weitere Tipps zum Umgang mit Erkrankten kön- nen Sie in unserem Demenzwegweiser nachlesen. Dieser ist auf unserer Homepage abrufbar unter: www.landratsamt-dachau.de/demenz . Wie das Landratsamt Patienten und Angehörige unterstützt, erklären Elfriede Felkel und Silvia Fitterer von der Senioren- fachberatung: Wie können Sie beim Thema „Demenz“ helfen? Felkel: Wir sind eine erste Anlaufstelle für alle Bürge- rinnen und Bürger des Landkreises für wirklich alle Fragen. Von „Was erwartet mich?“ über „Wie be- antrage ich Pflegegeld?“ bis hin zu „Welche weiteren Hilfen gibt es?“ Fitterer: Wir sehen uns als Lotse, der alle gesetzli- chen Rahmenbedingungen und die Angebote im Landkreis kennt. Bei Bedarf vermitteln wir auch an andere Dienste weiter. Jede Familie hat eigene Bedürfnisse, darum erarbeiten wir zusammen ein ganz individuelles Unterstützungspaket. Gibt es etwas, das viele Angehörige nicht wissen? Fitterer: Vielen pflegenden Angehörigen ist nicht bewusst, wie viele Möglichkeiten es gibt, sie bei der Pflege und Betreuung zu unterstützen: Haushaltshilfen, Ehrenamtliche Betreuung, Gruppen für Menschen mit Demenz, Tagespflege, Kurzzeit- pflege und so weiter. So kann die Versorgung zu Hause organi- siertunddiepflegendenAngehörigendadurchentlastetwerden. Felkel: Auch die finanziellen Aspekte sind sehr vielfältig. Wir geben einen Überblick über die Ansprüche und unterstützen bei der Antragstellung. Die Betreuungsstelle im Landratsamt berät außerdem zu Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Pa- tientenverfügung. Hat das Landratsamt noch weitere Angebote? Felkel: Wir wollen ein Bewusstsein für die Krankheit schaf- fen und Verständnis für die Betroffenen. In dem Zusam- menhang ist Information ganz wichtig. Darum veranstal- ten wir regelmäßig Vorträge, organisieren Ausstellungen und beteiligen uns mit Aktionen an der Demenzwoche. Fitterer: Wichtig ist uns die Aktion „Demenzpartner“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Über dieses Projekt bieten wir zum Beispiel die Schultour Demenz für Kinder und Jugendliche an. Sie kommen oftmals durch die Groß- eltern mit der Krankheit in Berührung. Diese Tour kann kostenlos von allen Schulen im Landkreis bei uns gebucht werden. Unsere Mitarbeiter und Apotheker haben wir be- reits erfolgreich geschult, wie sie in ihrem Arbeitsalltag de- mente Menschen am besten unterstützen können. Gerne bieten wir solche Schulungen auch im Verkauf, bei Banken oder öffentlichen Einrichtungen an. Hinweise auf eine mögliche Demenz Gedächtnis Das Kurzzeitgedächtnis wird im Zeitverlauf immer schlechter. Routineabläufe Was früher nebenbei gemacht wurde, kann nur noch ganz bewusst erledigt werden, zum Beispiel Anziehen, Körperpfle- ge, Kochen und Autofahren. Oft wird dabei die Frage gestellt „Wie geht das noch mal?“. Sprache Es wird schwieriger, einem Gespräch zu folgen. Die rich- tigen Worte fehlen immer öfter. Kleidung Die Kleidung passend zum Wetter auszusuchen gelingt nicht mehr so gut. So wird schon mal die Winterjacke im Hochsommer angezogen. Orientierung Der Rückweg nach Hause wird öfter nur noch mit frem- der Hilfe gefunden. Suche nach Alltagsgegenständen Wichtige Dinge wie Geldbeutel, Schlüssel oder Brille wer- den häufig verlegt. Sie finden sich dann nicht mehr an den gewohnten Orten, sondern z. B. im Kühlschrank wieder. Verhalten Hobbies werden nicht mehr gepflegt, die eigene Woh- nung kaum mehr verlassen. Die Reaktionen im Umgang miteinander verändern sich. Sie haben Fragen oder brauchen Hilfe? Dann vereinbaren Sie bitte einen Termin, wir nehmen uns Zeit für Sie! Kontakt Seniorenfachberatung (08131) 74-465 oder -464 seniorenberatung@lra-dah.bayern.de Elfriede Felkel & Silvia Fitterer Gesundheit Anwendung von nicht-medikamentösen Behandlungsverfahren Hirnleistungstraining Ergotherapie Körperliche Aktivität, Physiotherapie Erinnerungstherapie Musiktherapie Verhaltenstherapie Angehörigenberatung, Angehörigengruppen leichtgradig mittelschwer schwer © Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V., Demenz. Das Wichtigste, 8. Auflage 2019, S. 33 S i l v i a F i t t e r e r E l f r i e d e F e l k e l
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjQwNDE4