Kreis.BLICK!
In wenigen Wochen stehen die 2. Deutsch-Polnischen Kulturtage im Landkreis Dachau an. Sie sind Teil der Partnerschaft mit dem Landkreis Oświęcim/Auschwitz und betonen die Wichtigkeit des kulturellen Austau- sches. Zudem sollen sie die fast 3000 Polinnen und Polen ansprechen, die bei uns im Landkreis leben. Das Pro- gramm ist vielfältig (siehe Kasten). Be- reits bei den ersten Kulturtagen dabei war der polnische Generalkonsul in München, Andrzej Osiak. Ende des Jahres geht er zurück ins Außenminis- terium nach Warschau. Vorher wird er aber noch unsere Veranstaltungen im November besuchen. Während seiner vierjährigen Tätigkeit in München hat er viel über das deutsch-polnische Ver- hältnis sowie unsere besondere part- nerschaftliche Beziehung gelernt. Herr Generalkonsul, wie haben Sie unsere partnerschaftliche Beziehung zu Oświęcim erlebt? In den vergangenen vier Jahren ist ziemlich viel passiert, unter anderem auch wegen des besonderen Enga- gements Ihrer Mitarbeiter. Denn es braucht Menschen, die die Verbindung fördern. Ich finde es interessant, wie die Partnerschaft entstanden ist: näm- lich über die Künstler. Aber als sich die Deutsch-Polnische Kulturtage „Eine Partnerschaft lebt von den Menschen“ Kommunalpolitiker entschlossen ha- ben, an diese Partnerschaft anzuknüp- fen, hat das natürlich noch einmal eine andere Dimension bekommen. Jetzt könnte die Partnerschaft ein Vorbild für andere Kommunen sein. Aber auch der Landkreis München beispielsweise engagiert sich schon stark in seinen Partnerschaften mit den Landkreisen Krakau und Wieliczka. Im Landkreis Oświęcim hat der Landrat gewechselt. Bei den Kom- munalwahlen eroberte die libe- ral-konservative Bürgerplattform den Posten. Ändert das was an unserer Partnerschaft? Ich denke, trotz der Veränderungen nach den Kommunalwahlen in Polen mit dem neuen Landrat will der Land- kreis Oświęcim die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Dachau fortset- zen. Daran hat sich nichts geändert. Die politische Lage in Ihrer Heimat wird bei uns häufig als „besorgniserre- gend“ bezeichnet. Wie sehen Sie das? Ganz anders, als die deutschen Medi- en das darstellen. Ich glaube, die Me- dien verstehen gar nicht, was in Polen gerade passiert. Aus meiner Sicht gibt es schon etwas, das wirklich besorg- niserregend ist. Das ist die fortschrei- tende politische Polarisierung. Das ist ein Problem – nicht nur in Polen. Was können wir dagegen tun? Gute Frage. Eine Lösung zu finden ist gerade am Beispiel Polen schwer. Hier haben sich zwei politische Lager gebil- det: das eine um Recht und Gerech- tigkeit (PiS; Anmerk. der Red.), das andere um die Bürgerplattform. Die anderen Parteien sind nicht so domi- nant. Das Interessante dabei ist, dass sich beide Parteien gerade hinsichtlich des politischen Programms kaum un- terscheiden. Aber die Polarisierung ist so stark emotional aufgeladen, dass es den demokratischen Dialog erschwert. Alles basiert auf Emotionen, weniger auf Fakten und Argumenten. Eine enorm wichtige Rolle spielen dabei die Medien. Nicht nur in Polen, sondern auch in Deutschland. Sie vermischen Kommentare mit Berichterstattung. Die öffentliche Meinung soll jedoch gerade durch die Medien ausgedrückt werden. Und diese haben sich der Meinung und demNiveau im Internet angepasst. Deswegen sind die direkten Kontakte zwischen den Menschen so wichtig, damit wir nicht in „Informa- tionsblasen“ verfangen bleiben! Wie schätzen Sie die Erinnerungs- arbeit in Dachau ein? Wir sind in einer Zeit, in der uns die letzten Zeitzeugen verlassen. Das be- deutet auch, die Erinnerungskultur muss überall neugestaltet werden. Gerade jetzt ist der richtige Moment, in dem man sich Gedanken machen muss. Man soll auch an die neuen Me- dien denken, wie man sie für die Erin- nerungskultur sinnvoll nutzen kann. Man muss nach etwas Neuem suchen. Ein gutes Beispiel ist das Museum des Warschauer Aufstandes. Dort hat man von Anfang an nach neuen Formen der musealen Präsentation gesucht. Wie sieht das aus? Die Art und Weise, wie dort Ge- schichte erzählt wird, ist eine andere, als die, die wir gewöhnt sind. Die Ex- ponate werden anders präsentiert und es wird anders über sie erzählt. Zum Beispiel wird dort ein Film gezeigt. Durch Animation kann man die Stadt Warschau nach dem Warschauer Auf- stand 1944 erleben. Das hat man auf Grund von Originalaufnahmen ge- macht. Der Film ist aus Sicht eines Flugzeugs gedreht, das über die Rui- nen fliegt. Wenn man die ganze Stadt und die Ausmaße der Zerstörung auf diese Weise sehen kann, hat man einen ganz anderen Eindruck! Außer- dem sind beispielsweise die Fragmen- te einer Kanalisation nachgebildet, durch die man sich hindurchschlei- chen kann. Denn während des Auf- standes konnte man nur zwischen den Stadtvierteln kommunizieren, wenn man durch die Kanäle ging. Das sind nur Beispiele. Das heißt nicht, dass man das ohne Weiteres nach Dachau versetzen kann. Man müsste sich was Neues speziell für Dachau überlegen. Umdenken scheint unausweichlich. Sind denn die Deutschen und die Polen sehr unterschiedlich? Ich wiederhole das ständig, und weni- ge glaubenmir: Ich bin überzeugt, dass wir mental und kulturell sehr ähnlich sind. Was ich jedem empfehlen würde: Bei den Deutsch-Polnischen Kulturta- gen vor zwei Jahren war Steffen Möller dabei. Er hat das Buch „Viva Polonia“ geschrieben, und es ist hervorragend. Das ist ein lustiges und kluges Buch. Darin kann jeder feststellen, dass wir uns sehr ähnlich sind. Das Problem an den deutsch-polnischen Kontakten ist meiner Meinung nach das fehlende Interesse. Das ist schade. Viele finden unsere Sprache unverständlich, man kann sich nicht verstehen, deswegen will man keinen Urlaub in Polen ma- chen, sondern lieber auf die Malediven fliegen - wo man ja die Sprache auch nicht kennt. Der Schlüssel ist das ge- genseitige Interesse. Eine gute Möglichkeit, die polni- sche Kultur besser kennenzulernen, sind unsere Kulturtage. Was genau geboten ist, lesen Sie hier: Mittwoch, 27. November: MozART Group: „Vier Saiten der Welt“ – Musikkabarett mit Kultstatus Ludwig-Thoma-Haus Dachau 20 Uhr Mozart ist die große Liebe der vier polnischen Spitzenmusiker, die seit 1995 als MozART Group (siehe Foto oben) die Konzertsäle der Welt er- obern . Die Mischung aus klassischer Musik und Comedy auf der Bühne zeigt, dass die vier Streicher-Solisten nicht nur absolute Könner an ihren Instrumenten, sondern auch Virtu- osen des Humors und der musikali- schen Unterhaltung sind. Tickets über www.muenchenticket.de Donnerstag: 28. November: Kinotag: „Die Maske“ – ein Film von Małgorzata Szumowska mit anschl. Podiumsdiskussion Cinema Dachau, 19.30 Uhr Kooperationspartner ist die Evan- gelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau Der junge, langhaarige Metall- ica-Fan Jacek arbeitet mit am Bau der größten Jesusstatue der Welt. Nachdem er vom Gerüst in die Tiefe gestürzt ist, wacht er im Krankenhaus nach einer Ge- sichtstransplantation auf. In der Tragikomödie reflektiert Regisseurin Małgorzata Szumowska die Zustände in Polen zwischen katholischer Bigot- terie, enthemmter Konsumgesellschaft und sensationslüsternen Boulevard- medien. Darüber hinaus hält sie die Fragen bereit, die jede Gesellschaft an- gehen: Sind wir in der Lage, vermeint- liche Fremde zu integrieren? Kartenreservierungen im Kino unter Tel. 08131 / 266 99. Sonderpreis sechs Euro. Freitag, 29. November: Band Klezmafour Kulturschranne Dachau, 20 Uhr Das Quintett „Klezmafour“ vereint Musiktraditionen aus Ost-, West- und Südeuropa. Klassische Klezmer-Klän- ge der Klarinette treffen auf hitzige Balkan-Beats von Bass und Schlag- zeug - angefeuert. Tickets über www.muenchenticket.de Freitag, 30. November: Vernissage “Harmonie / Dissonanz“, Landratsamt Dachau, 18 Uhr Kooperationspartner: Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oświęcim Die Bilder von Elżbieta Kuraj und Janusz Karbowniczek – bedeutenden Künstlern und sensiblen Beobachtern unserer Wirklichkeit aus Oświęcim - laden zum Dialog ein. Die Vernissage wird von der Gruppe M.O.L.O. beglei- tet, die eine besondere musikalische Führung durch die Bilder anbietet. Der Eintritt ist frei. 17 Kreis. BLICK ! — 5 — September 2019 16 Kultur Freut sich bereits auf die Deutsch-Polnischen Kulturtage: Generalkonsul Andrzej Osiak.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjQwNDE4