Kreis.BLICK!
Gefahr, Populismus und Nationa- lismus bedrohen das Friedenspro- jekt Europa. Die nationalistischen Populisten reden den Leuten ein, offene Grenzen sind kein Zeichen von Freiheit, sondern ein Symbol für Unsicherheit. Die EU befindet sich in einem Umgestaltungsprozess, mit dem neuen Finanzrahmen wer- den die Weichen für das kommende Jahrzehnt gestellt. Umso wichtiger, dass die Jungen Bescheid wissen und sich beteiligen, denn es ist ihre Welt. Präsident Macron fordert eine „Neu- begründung Europas“, das kann nur gelingen, wenn junge Leute es auch als ihre Aufgaben ansehen, Europa mitzugestalten. Sie arbeiten seit über zwei Jahren als Partnerschaftsbeauftragte – wie hat sich Ihre Sicht auf das Zusam- menleben in Europa in dieser Zeit verändert? In erster Linie prägen die Begegnun- gen mit Polinnen und Polen mein verändertes Europabild. Wir wissen nur sehr wenig von unseren östli- chen Nachbarn. Europa jenseits von Oder und Neiße existiert kaum bzw. nur negativ, vor allem wegen sehr einseitiger Presseberichte. Selbst die jetzige PIS-Regierung ist nicht daran interessiert, das europäische Projekt scheitern zu lassen, zu groß ist der ökonomische und politische Nutzen, den Polen von Europa hat. Aber die Polen wollen ein größeres Gewicht in Europa haben, weniger deutschen Einfluss und weniger liberale Kon- zepte. Sehr beeindruckend waren für mich die osteuropäischen Kongres- se in Krakau, großartig organisiert, mit beindruckender Gastfreund- lichkeit, technisch auf höchstem Niveau - deutlich besser als mancher deutsche Kongress - und mit hoher Präsenz vieler Frauen in Führungs- positionen. Die Deutschen sind nicht die europäischen Musterschüler, als die sie sich gerne fühlen. Es würde sich lohnen, öfter über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, auch in Richtung Osten. Das könnte dem europäischen Zusammenhalt nicht schaden. Nötig ist eine ehrliche Aus- einandersetzung damit, was unsere Gesellschaften akzeptieren und was sie ablehnen, weil es die Grundwerte unserer europäischen Zivilisation in Frage stellt. Deutschland und Polen waren, sind und bleiben Schlüssellän- der für Erfolg oder Scheitern gesamt- europäischer Verständigung. Haben Sie selbst schon Situationen erlebt, in denen Sie sich Sorgen um die Zukunft Europas machten? Welche waren das? Meine Kinder leben in Schottland. Bei den vielen Besuchen dort und in Großbritannien habe ich eine un- glaublich vergiftete Stimmung im Land gespürt, die viele Familien spal- tet. Der Brexit führt uns vor Augen, wie schlimm es ist, wenn junge Leute nicht zur Wahl gehen und glauben, auf sie käme es nicht an. In Italien habe ich erlebt, wie unter dem euro- pafeindlichen, stellvertretenden Mi- nisterpräsidenten und Innenminister Salvini plötzlich wieder Ressenti- ments gegen Deutschland aufleben, Frau Merkel sei an allem schuld. Und in Polen marschieren Ultranationa- listen offen und ungehindert bei den Befreiungsfeierlichkeiten auf und ver- breiten antisemitische Parolen. Was können wir im Landkreis Dachau tun, um den Frieden in Europa zu stabilisieren? Weiterhin gute partnerschaftliche Beziehungen zu Polen, mit dem wir besonders durch unsere Geschichte verbunden sind, den Jugendaustausch intensivieren und pflegen. Viel in Bil- dung investieren. Denn nur wer Euro- pa versteht, wie es funktioniert, was es persönlich und gesellschaftlich bringt, wird sich dafür engagieren. Wir Kom- munalpolitiker und Kommunalpoliti- kerinnen haben die Aufgabe, immer wieder deutlich zu machen, dass Eu- ropa nicht lästige Verordnungen aus Brüssel bedeutet, sondern der Garant ist für Frieden und Demokratie. Das müssen wir verteidigen gegen alle Skeptiker und Europafeinde. Wie würde Ihr Beitrag zu dem Wettbewerb aussehen? Ich würde einen Rap komponieren. Vielen Dank für das Gespräch. Wie wäre das Leben in Deutschland ohne ein vereintes Europa? Wissen die Jugendlichen von heute, dass es nicht immer so war? So frei und offen? Dass man an den Grenzen den Reisepass zeigen und für den Italienurlaub Geld wechseln musste? Anlässlich der Euro- pawahl und im Rahmen unserer Part- nerschaft mit dem Landkreis Oświęcim/ Auschwitz veranstaltet der Landkreis Dachau einen Wettbewerb für Jugend- liche zum Thema „Mein Europa“ (siehe Seite 15 unten). Kreisrätin Marese Hoff- mann ist unsere Partnerschaftsbeauf- tragte und hat die Aktion mit initiiert. Frau Hoffmann, warum ist es gerade in der heutigen Zeit so wichtig, den Jugendlichen die Bedeutung von Europa vor Augen zu führen? Junge Leute kennen das Gefühl nicht, verfeindete Nachbarlän- der oder einen Krieg fürchten zu müssen. Landesgrenzen bedeuten für sie, dass ihr Handy sich in ein neues Netz einwählt. Sprachen und Kulturen Europas verschmelzen in ihren Freundeskreisen. Doch die- se Errungenschaften sind in großer Das ist mein Europa! Demokratie leben ! 14 15 Kreis. BLICK ! — 3 — März 2019 Diese Frage sollen sich die Jugendlichen stellen, die an un- serem Wettbewerb teilnehmen. Denn genau das sollen sie darstellen. Egal ob mit Pinsel, Stift oder Kamera, ob Zeich- nung, Foto oder Gedicht – Hauptsache, es geht um Europa. Der Wettbewerb ist an alle Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse im Landkreis Dachau gerichtet, die sich mit dem Thema Europa auseinandersetzen möchten. Bewertet werden die Werke von einer fachkundigen Jury. Wesentli- ches Beurteilungskriterium einer Arbeit ist der erkennbare europäische Bezug auf das Leben bei uns vor Ort oder als Ju- gendlicher in Europa. Die Bewertung erfolgt in zwei Alters- gruppen: ab der fünften Klasse bis 16 Jahre sowie ab 16 Jahre bis zur Abschlussklasse. Zu gewinnen gibt es für die Älteren unter anderem Interrail-Tickets, für die Jüngeren unter an- derem einen Gutschein für ein Fahrrad: Auf der Rückseite sind unbedingt folgende Angaben zu vermerken Vorname und Name des Künstlers, Schule, Klassenstufe und Adresse sowie eine Einverständniserklärung der Eltern. Weitere Informationen sowie die Wettbewerbsbedingun- gen finden Sie im Internet unter www.landratsamt- dachau.de/mein-europa Einsendeschluss ist der 15. Mai 2019 (Datum des Poststempels). Die Adresse für die Einsendungen lautet: Landratsamt Dachau, Büro des Landrats, Dr. Bernadetta Czech-Sailer, Weiherweg 16, 85221 Dachau. Wettbewerb „Was bedeutet Europa für mich?“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjQwNDE4