Kreis.BLICK!
So stellt man sich Idylle vor: Die Sonne scheint, aus einem Stall nebenan hört man die Kühe muhen und im weitläu- figen Garten vor dem Haus spielen die Kinder Maria, Anna und Kilian. Renka und Matthias Götz haben ihren Wohn- traum gefunden – im Geburtshaus des bekannten Weihbischofs Johannes Neu- häusler. „Eigentlich haben wir ein Haus im Bereich Ammersee oder Starnberger See gesucht“, berichtet Matthias Götz, der in Fürstenfeldbruck geboren wurde. Doch das sei einfach nicht erschwing- lich gewesen. Schließlich stieß das Paar auf der Internetseite des Landesamtes für Denkmalpflege auf das denkmalge- schützte Anwesen in Eisenhofen. „Wir haben uns schnell in das Haus verliebt.“ Schließlich erkannte das Paar auch schon von Berufs wegen das Potenzial des Gebäudes – sie sind beide Archi- tekten. Der Vorbesitzer hatte das geschichtsträchtige Haus abreißen wollen. „Aber da hat das Landratsamt Zudem waren die Rohre „kunterbunt“ verlegt, wie sich Renka Götz erinnert, und im ganzen Haus mussten neue Fenster eingesetzt werden – insgesamt 51 Stück! Das Ehepaar brachte bei der Sanierung viel Herzblut und Eigenleistung ein. Fast 1800 Arbeitsstunden werkelten sie in ihrem Eigenheim, schlugen Putz ab, erneuerten die Bodenbeläge, arbei- teten Decken, Innenwände und Türen auf. Teilweise wurden die alten Fliesen herausgenommen, geputzt, aufgearbei- tet und wiedereingesetzt. „Schubkarren fahren kann ich jetzt“, sagt Matthias Götz lachend. Zudem baute die Familie Fußboden- sowie Wandheizungen ein. Für die Aufgaben, die sie nicht allei- ne bewältigen konnten, engagierten sie Handwerker, über- wiegend aus dem Ort. „Wir haben nur gute Erfah- rungen gemacht. Viele wollten sich mit Herzblut ein- bringen, weil sie eine Beziehung zum Haus oder zu Bischof Neu- häusler hatten.“ Die Zimmer sind weitläufig und hell. Die drei Kinder ha- Familie Götz im denkmalgeschützten Geburtshaus von Bischof Neuhäusler in Eisenhofen Außergewöhnlich wohnen im Landkreis Dachau Es ist etwas Besonderes – dessen sind sich Renka und Matthias Götz aus Eisenhofen bewusst. Seit 2012 lebt das Architektenpaar mit inzwischen drei Kindern im Geburtshaus des Weihbischofs Jo- hannes Neuhäusler – dank Unterstützung des Landratsamtes. Denn unser Denkmalschutz fördert die Modernisierung von denkmal- geschützen Häusern. Zwei Jahre lang haben die beiden das einst ziemlich heruntergekommene Haus aus dem Jahr 1873 saniert. Jetzt ist es ein Familienparadies. ben genug Platz zum Spielen – innen und außen. Im Erdgeschoss schieben die dreijährigen Zwillingsmädchen ihre Puppenkinderwagen durch den geräumigen Flur, vor dem Haus stehen Sandkasten und Plantschbecken. „Un- ser Haus ist kein Museum, sondern ein Wohnhaus mit modernem Komfort“, sagt Matthias Götz. Dass es denkmal- geschützt ist, war für die neuen Eigen- tümer kein Nachteil – im Gegenteil. „Wir hatten nur eine Auflage: Die So- laranlage mussten wir in der unteren Dachhälfte entlang der Traufe anbrin- gen“, berichtet Renka Götz. Von April bis September heizt die Familie aus- schließlich mit Solarthermie – im Kel- ler befinden sich hierfür Wasserspeicher mit 3000 Liter Speichervolumen. Im Winter kommt die Energie für Hei- zung und Warmwasser vom Stück- holzkessel. So erreichen sie auch in der kalten Jahreszeit 21 Grad Innentemperatur. „Wir haben in unserem Haus die Energie- wende schon g e s c h a f f t “, sagt Matthi- as Götz nicht ohne Stolz. An- sonsten hätten sie nur Vorteile von Stopp gesagt. Das war unser Glück“, er- innert sich Matthias Götz. Der Eigentümer wollte das alte, baufäl- lige Wohngebäude daraufhin möglichst schnell loswerden – zu einem günstigen Preis. „Wir haben nur das Grundstück gekauft, bekamen praktisch einen Roh- bau geschenkt.“ Knapp 900 Quadrat- meter umfasst das Grundstück, die aktuell bewohnte Fläche des Hauses beläuft sich auf 300 Quadratmeter. „Die Substanz des Hauses war ok, der Dachstuhl ist komplett erhalten.“ Das waren die positiven Aspekte. Doch im Inneren gab es jede Menge zu tun, vor allem musste die historische Substanz an die Bedürfnisse einer Familie ange- passt werden. „In jedem Zimmer gab es zum Beispiel Speicheröfen, denn nach dem Krieg waren hier neun Flücht- lingsfamilien untergebracht – ohne fließend Wasser, ohne Toilette, ohne Strom.“ Das erklärt auch, warum alle Wände unterschiedlich gestaltet waren. Johannes Neuhäusler wurde 1888 in dem heutigen Haus der Familie Götz in Eisenho- fen geboren. 1913 wurde er im Freisinger Dom zum Priester geweiht. Der katholische Theologe war Widerstandskämpfer im Dritten Reich und von 1941 bis 1945 in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau interniert. 1947 wurde er von Papst Pius XII. zum Weihbischof von München und Freising ernannt. 1950 weihte er im Freisinger Dom den späteren Papst Josef Ratzinger zum Diakon. Nach seinem Tod 1973 fand er seine letzte Ruhestätte in der Kirche des Kloster Karmel auf dem Gelände der Gedenkstätte in Dachau. Im Franziskuswerk in Schön- brunn ist das Förderzentrum nach ihm benannt. dem Siegel „erhaltenswert“, erzählt das Ehepaar. „Wenn man selbst ein Denk- mal bewohnt, kann man zehn Jahre lang jeweils neun Prozent der Moderni- sierungskosten bei der Steuererklärung abschreiben. Das sind bei uns etwa 10.000 Euro im Jahr“, erzählt die drei- fache Mutter. Zusätzlich gab es nicht unerhebliche direkte Zuschüsse aus ver- schiedenen Fördertöpfen des Freistaats und auch eine großzügige Unterstüt- zung des Landkreises. 15 Kreis. BLICK ! — 1 — September 2018 14 Serie Insgesamt gibt es 513 Baudenkmäler im Landkreis Dachau, allein 118 sind es in der Stadt Dachau. Der Landkreis Dachau gewährt für Sanierungsmaß- nahmen an Baudenkmälern ab einer überörtlichen Bedeutung in der Regel einen Zuschuss in Höhe von derzeit 5 Prozent des denkmalpflegerischen Mehraufwandes. Die Bewilligung der Mittel des Landkreises steht unter dem Vorbehalt, dass Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht nicht. Anträ- ge für weitere Zuschussgeber wie dem Bayerischen Landesamt für Denkmal- pflege, dem Bezirk Oberbayern, sowie der bayerischen Landesstiftung sind im Landratsamt erhältlich. Stichwort Denkmalschutz Vorher – nachher: Das Haus der Familie Götz ist heute wieder ein Schmuckstück in Eisenhofen. Seine Weitläufigkeit hat der Eingangsbereich auch nach der Sanierung behalten. Der Dachstuhl des Hauses aus dem Jahr 1873 war gut erhalten. Der ehemalige Kornspeicher dient derzeit als Stauraum. Landratsamt Dachau Sachgebiet 40, Bauleitplanung, Denkmalschutz, Wohnungsbau Wohnbau@lra-dah.bayern.de Tel: 08131 / 74 -444 und -308 Ihr Ansprechpartner in Sachen Denkmalschutz:
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