Integration im Landkreis Dachau
Sie sollten zusammen von Gesundheits-, Jugend- und Schulamt analysiert werden. Je nach Ergebnissen sind weitere Schritte denkbar, wie die Erfassung, warum bestehende Betreuungsangebote von manchen Familien mit Migrationshintergrund nicht in Anspruch genommen werden. Auf diesem Weg wären Ansatzpunkte zu finden, wie diese Familien bzw. die Kinder an eine Betreuung herangeführt werden können. Wichtig wäre das vor allem für die Kinder, die einen Sprachförderbedarf haben, da diesem in einer Kita durch verschiedene Maßnahmen, z.B. dem Vorkurs Deutsch, Rechnung getragen wird. Zwar wird im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung bzw. dem neukonzipierten Gesundheits- und Entwicklungs- creening im Alter von 4 bis 5 Jahren vom Gesundheitsamt ein vorliegender Förderbedarf festgestellt, aber aufgrund des Datenschutzes an keine andere Stelle weitergegeben. Die Eltern sind für die weitere Veranlassung selbst verantwortlich, sie können für ihr Kind z.B. die Teilnahme am schulischen Anteil des Vorkurses Deutsch beantragen, was auch vereinzelt erfolgt. Erleichterung würde an dieser Stelle eine Koordinationsstelle verschaffen, an die bei Zustimmung der Erziehungsberechtigten der festgestellte Förderbedarf gemeldet wird und von der weitere Schritte ausgehen können. Hilfreich wäre zudem eine Regelung zwischen Gesundheits- und Schulamt zur Weitergabe der Ergebnisse bzgl. eines festgestell- ten Förderbedarfs, die sich aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen auf Ebene des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus noch im Klärungsprozess befindet. Schulische Bildung Der Anteil von Schulanfängern mit Migrationshintergrund ist von 11% im Schuljahr 2007/2008 auf 25,6% im Schuljahr 2017/2018 angestiegen. Betrachtet man die verschiedenen Schularten, war der Anteil der ausländischen Schüler im Schuljahr 2017/2018 auf dem Gymnasium am niedrigsten (5%) und auf der Mittelschule am höchsten (27%). Letzteres kann auf die Übertrittsquote nach der vierten Jahrgangsstufe zurückgeführt werden. Diese unterliegt zwar starken Schwankungen, es fällt aber dennoch auf, dass ausländische Schüler deutlich häufiger nach der vierten Jahrgangsstufe auf die Mittelschule wechseln als deutsche Schüler: Im Schul- jahr 2015/2016 traf dies bei 60,8% der ausländischen Schüler zu, doppelt so häufig wie bei deutschen Schülern (30%). Dieser Sachverhalt sollte, auch in Bezug auf die zugrundeliegenden Ursachen, genauer analysiert werden. Hierbei ist es u.a. erforderlich, die Übertrittsempfehlungen in Erfahrung zu bringen, die in der vierten Jahrgangsstufe von den Grundschullehrern ausgesprochen werden. Diese können von den tatsächlichen Übertritten abweichen. In Bezug auf die Sprachförderung von neuzugewanderten Kindern gibt es zum Schuljahr 2018/2019 einige Änderungen. Die speziell für neuzugewanderte Kinder, die keine bzw. sehr geringe Deutsch- kenntnisse haben, eingerichteten Klassen (vormals „Übergangsklassen“, jetzt „Deutschklassen“) sind nun auf den ganzen Tag ausgerichtet. Weitere Maßnahmen der Deutschförderung in den Grund- und Mittelschulen können entweder ergänzend oder innerhalb des Pflichtunterrichts erfolgen. Der Bedarf an Deutschförderung besteht jedoch auch nach der Schule. So berichten viele Fachkräfte, dass neuzugewanderte Familien häufig eine Nachmittagsbetreuung für ihr Kind in Anspruch nehmen oder nehmen würden, weil das Kind Unterstützung bei der Erledigung der Hausaufgaben benötigt. Da der Bildungskoordination derzeit keine genauen Informationen dazu vorlie- gen, wie viele Kinder tatsächlich eine Betreuung benötigen – grundsätzlich und aufgrund des Sprachför- derbedarfs – ist dies ein Aspekt, der auch unter Beteiligung des Bildungsmonitoring genauer untersucht werden sollte. Auch eine Analyse der nachschulischen Betreuung, der dort vorhandenen Angebote der Sprachförderung und der vorliegenden Bedarfe ist zu empfehlen. Eine Erhebung zu fünf Bildungsthe- men, die durch das MINT-Management des Landkreises München und Dachau in Kooperation mit der Bildungskoordination für Neuzugewanderte an Kitas, Schulen und weiteren Bildungseinrichtun- ZUSAMMENFASSUNG Zuwanderung Der Anteil der ausländischen Bevölkerung ist im Landkreis Dachau in den letzten sechs Jahren um 6,3% gestiegen und beträgt derzeit 16,5%. Sowohl die Mehrheit der Neuzugewanderten als auch die große Gesamtheit der ausländischen Bevölkerung kommt dabei aus dem EU-Ausland (62,1%) und ist im erwerbsfähigen Alter. Im Gegensatz zu den Jahren 2015 und 2016 ist die Anzahl der Asylbewerber deutlich zurückgegangen. Im Landkreis befinden sich derzeit 508 Personen im laufenden Verfahren, die meisten kommen aus Nigeria, Afghanistan, Pakistan, Sierra Leone und Mali. 294 Personen haben eine Duldung, ihre Abschiebung wird also „vorrübergehend ausgesetzt“. Außerdem leben 360 sog. Fehlbeleger (Personen mit einer Anerkennung) sowie 34 nachgezogene Familienmitglieder in den Asylunterkünften, da sie keine eigene Wohnung finden. Frühkindliche Betreuung und Bildung Im Landkreis hat sich die Anzahl der Kinder mit Migrationshintergrund in den Kindertageseinrich- tungen von 854 Kinder im Jahr 2011 auf 1.670 Kinder im Jahr 2017 fast verdoppelt. Die Anzahl aller betreuten Kinder ist in dieser Zeit um ein Viertel auf insgesamt 7.736 Kinder angestiegen. Zwar bedeutet ein vorliegender Migrationshintergrund nicht automatisch, dass das Kind die deutsche Sprache nicht be- herrscht. Auf Grundlage der Daten kann aber davon ausgegangen werden, dass in den Einrichtungen im Landkreis zunehmend mehr Kinder betreut werden, die wenig bis kaum Deutsch sprechen und eine ent- sprechende sprachliche Förderung benötigen. Diese im vollen und erforderlichen Umfang zu gewährleis- ten ist aufgrund der Fachkräftesituation in den Kitas schwierig. Hinzu kommt, dass in der Regel weniger Stunden für die Deutschsprachförderung an Grund- und Mittelschulen, die auch den schulischen Anteil des Vorkurses Deutsch 240 umfasst, zugewiesen werden als gewünscht. Eine Aufstockung des Stunden- kontingents für die Deutschsprachförderung durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus wäre wünschenswert, diese ist jedoch an die Anzahl der im Freistaat zur Verfügung stehenden Grundschullehrer gekoppelt. Unabhängig davon wäre eine Unterstützung der Kindertageseinrichtungen bei der Sprachförderung durch die Träger hilfreich, z.B. durch Fortbildungen. Die gestiegene Anzahl von Kindern mit Migrationshintergrund in den Kitas führt auch dazu, dass Erzie- her häufiger mit Eltern konfrontiert sind, die wenige oder keine Deutschkenntnisse haben. Um die Fach- kräfte bei der Aufgabe der Elternarbeit zu unterstützen, wird der Ausbau und die Stärkung bestehender (ehrenamtlicher) Dolmetscher-Angebote oder der Aufbau eines landkreisweiten Dolmetscher-Pools empfohlen. Insbesondere bezüglich osteuropäischer Sprachen besteht Bedarf. Trotz der gestiegenen Anzahl von Kindern mit Migrationhintergund in den Kitas ist anzunehmen, dass diese im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund seltener eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen. Dies ist zumindest bayernweit der Fall; die Betreuungsquote liegt hier bei 0 bis 3- bzw. 3- bis 6-jährigen Kinder ohne Migrationshintergrund bei 32% bzw. 98% und bei gleichaltrigen Kindern mit Migrationshintergrund bei 19% bzw. 83%. Um genauere Aussagen über die Situation im Landkreis treffen zu können, können die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung herangezogen werden. Bei dieser Untersuchung wird auf freiwilliger Auskunft der Eltern basierend sowohl die Staatsangehörigkeit, die Muttersprache der Eltern und die zu Hause gesprochene Sprache abgefragt, als auch, ob ein Kind eine Kindertageseinrichtung besucht hat. Somit können Rückschlüsse gezogen werden, wie viele Kinder mit Migrationshintergrund eines Jahrgangs eine Kinderbetreuungseinrichtung besucht haben. Eine Auswer- tung dieser Daten erfolgt nur auf Landesebene, wurde vom Landratsamt für den Landkreis aber angefragt. Die Daten lagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Berichts jedoch noch nicht vor. 40 41
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