Integration im Landkreis Dachau
BERUFLICHE AUSBILDUNG Ausbildungsneuverträge Mit Beginn September 2018 haben laut Angaben der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Mün- chen und Oberbayern 237 Jugendliche und junge Erwachsene im Landkreis Dachau eine Ausbildung in Berufen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen angetreten. Darunter sind 23 Auszubildende aus fluchtwahrscheinlichen Herkunftsländern, dies entspricht fast zehn Prozent aller neuen Ausbildungs- verträge in den IHK-Berufen. Für das Vorjahr waren 51 IHK-Lehrverträge von Azubis aus fluchtwahr- scheinlichen Ländern zum 31. Dezember 2017 registriert. Insgesamt gibt es im Landkreis 243 IHK-zuge- hörige Ausbildungsbetriebe. Nach Angaben der Handwerkskammer (HWK) für München und Oberbayern standen bis 30. Juni 2018 in 295 Handwerksbetrieben im Landkreis zusammengerechnet 362 Lehrlinge in einem aktiven Ausbildungsverhältnis, davon 293 aus Deutschland, 32 aus sogenannten Flüchtlingsstaaten und 37 Per- sonen aus dem übrigen Ausland. Alle Personengruppen eingerechnet wurden zwischen dem 01.01.2017 und dem 30.06.2018 417 Lehrverträge neu abgeschlossen. Eine Datenauswertung zum aktuellen Stand der Ausbildungsneuverträge zum Beginn September 2018 wird für HWK-Berufe im Oktober erwartet, da ein Einstieg in eine Ausbildung noch bis in den Oktober hinein erfolgen kann. Für die Wirtschaft im Landkreis Dachau ist der Anstieg an Neuverträgen eine positive Entwicklung. Den- noch bleiben insgesamt 232 offene Ausbildungsstellen, bei nur 54 unversorgten Bewerbern 3 , wie aus der Statistik der Bundesagentur zum Ausbildungsstellenmarkt (Stand September 2018) hervorgeht. Unter den 54 unversorgten Bewerbern sind 11 Ausländer mit bekannter Alternative und 7 ohne bekannte Alternative. Ausbildungsabbrüche Dem letzten Berufsbildungsbericht ist zu entnehmen, dass im Jahr 2016 bundesweit 25,8% aller Auszu- bildenden ihre Ausbildung vorzeitig aufgelöst haben (BMBF, 2018b). Der IHK und HWK zufolge lag in Oberbayern die Abbruchquote für das Jahr 2017 bei Azubis aus fluchtwahrscheinlichen Ländern bei etwa 25 Prozent. Laut der IHK-Statistik lösten in Oberbayern bis Ende 2017 362 von insgesamt 2339 IHK-Auszubil- denden aus fluchtwahrscheinlichen Ländern ihren Ausbildungsvertrag auf. Bei der Interpretation der Lösungsquote ist jedoch unbedingt zu beachten, dass Ausbildungsabbruch und Vertragslösung nicht als Synonyme verstanden werden dürfen. Gemäß der IHK tauchen in der Statistik auch Betriebs- oder Berufswechsel innerhalb des dualen Systems als Vertragslösung auf. 4 Gründe für die Abbrüche sind unterschiedlich; eine Konzentration auf ein bestimmtes Abbruchmerkmal ist generell nicht festzustellen. Nach qualitativen Angaben relevanter Haupt- und ehrenamtlicher Akteure sind die Beweggründe ebenso heterogen wie die Personengruppe selbst. Es fehlen Ansatzpunkte um die Ursachen systematisch erfassen zu können. Als häufige Gründe für einen Abbruch werden jedoch vor al- lem unzureichende Deutsch- und fehlende Basiskenntnisse beispielsweise in Mathematik genannt. Aber auch der wirtschaftliche Druck, schneller Geld zu verdienen spielt dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Zudem kann eine psychische Belastung oder auch die falsche Berufswahl zu einer vorzeitigen Auflösung bzw. zum Abbruch eines Ausbildungsverhältnisses führen. 3 Unversorgte Bewerber sind Bewerber, für die weder die Einmündung in eine Berufsausbildung, noch ein weiterer Schulbesuch, eine Teilnahme an einer Fördermaßnahme oder eine andere Alternative zum 30.09. bekannt ist und für die Vermittlungsbemühungen laufen. 4 Zur Problematik des Begriffes Abbruchquote siehe das Diskussionspapier des Bundesinstituts für Berufsbildung: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/a21dazubimethodenpapierabbruch-quotejan2014.pdf Fördermaßnahmen vor und während einer Ausbildung Damit eine Ausbildung von Personen mit Fluchthintergrund (oder Zuwanderungshintergrund) mög- lichst erfolgreich abgeschlossen werden kann, ist selbstständige Sprachanwendung unumgänglich. Doch neben dieser Herausforderung müssen auch der (Arbeits-) Alltag sowie die schulischen Anforderungen des Berufsschulunterrichts bewältigt werden. Im Landkreis Dachau gibt es – neben diversen Angeboten für Auszubildende im Allgemeinen – auch spezielle Unterstützungsmaßnahmen für Auszubildende mit Fluchthintergrund sowie für Unternehmen, die diese Personengruppe bereits beschäftigen oder einstellen möchten. Zudem engagieren sich viele Ehrenamtliche in diesem Themenfeld (siehe dazu auch S. 36f f). Nachfolgend werden Angebote der Kammern und der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters genannt. Für nähere Informationen zur Zielgruppe und zu den Inhalten der einzelnen Fördermöglichkeiten sei auf das Informationsangebot des jeweiligen Anbieters verwiesen. Da die Zugangsvoraussetzungen zu den Maßnahmen der Agentur für Arbeit / des Jobcenters insbesondere bei geflüchteten Personen vom jeweili- gen Einzelfall abhängen, wird auf ihre Erläuterung an dieser Stelle verzichtet. Angebote der IHK und HWK für (angehende) Auszubildende mit Fluchthintergrund und für Betriebe z z Akquise, Information und gezielte Beratung zur Ausbildung im Handwerk / zur Beschäftigung von Azubis mit Fluchthintergrund z z Informationen zu Fördermöglichkeiten z z Veranstaltungen z z Lehrstellen- und Praktikumsbörsen (für alle Jugendlichen) Maßnahmen der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters für (angehende) Auszubildende mit Fluchthintergrund und für Betriebe z z berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (bvB) z z Einstiegsqualifizierungen (EQ) z z Aktivierungsmaßnahmen zur Heranführung an den Ausbildungsmarkt (JAZ = Jugendaktivzentrum) z z assistierte Ausbildung (AsA) z z Ausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE) z z ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) Sowohl für BIK-Absolventen, die aufgrund fehlender Ausbildungsreife keine Ausbildung erhalten haben, als auch für diejenigen, die sich in Ausbildung befinden, massive Schwierigkeiten haben und Unterstüt- zung benötigen oder von einem Ausbildungsabbruch bedroht sind, besteht Handlungsbedarf. Für letzte- re gibt es zwar eben genannte Fördermöglichkeiten, der Zugang ist aber wie beschrieben vom Einzelfall abhängig. Außerdem greifen Maßnahmen wie die ausbildungsbegleitenden Hilfen z.T. erst spät und oder sind nicht immer auf die jeweiligen Bedarfe zugeschnitten. Ausgehend von einemWerkstatt-Treffen der Integrationsbeauftragten und der Bildungskoordination für Neuzugewanderte mit den relevanten Akteuren im Landkreis sollen nun Möglichkeiten für weitere Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für Auszubildende entwickelt werden, z.B. ein Grundbildungskonzept. Bei dem Treffen wurde es auch als sehr wichtig erachtet, zu erörtern, welche Gründe tatsächlich dazu führen, dass ein Ausbildungsabbruch droht, da nur mit diesemWissen passende Hilfen erarbeitet werden können. Eine weitere Herausforderung stellen auch diejenigen jungen Erwachsenen dar, die – um schneller Geld zu verdienen – nach der BIK-Klasse anstelle einer Ausbildung sofort eine Beschäftigung ergreifen oder eine begonnene Ausbildung abbrechen, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Verbleib in unqua- lifizierten (Helfer-)Tätigkeiten ist in diesen Fällen sehr wahrscheinlich. 22 23
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NjQwNDE4